Für den von ausländischem Einfluss bisher weit gehend abgeschotteten italienischen Bankensektor bringt 2006 eine Wende. Die niederländische ABN Amro hat kurz vor Silvester die absolute Mehrheit der Banca Antonveneta erworben. Ein Übernahmeangebot für die restlichen Anteile soll in Kürze folgen.
Auch die spanische BBVA hat günstige Aussichten, die angepeilte Mehrheit bei Italiens sechstgrößter Bank, Banca Nazionale del Lavoro (BNL), doch noch zu erringen. Denn der Versicherer Unipol mit seiner im vorigen Herbst präsentierten Gegenofferte zum BBVA-Tauschangebot steht im Kreuzfeuer staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Unipol-Präsident Giovanni Consorte musste vor wenigen Tagen zurücktreten.
"Die Präsenz ausländischer Banken wird das Gebühren-Eldorado aufbrechen und zu mehr Wettbewerb führen", sagte der Vizepräsident der Banca Popolare Italiana (BPI), Marco Vitale, zum STANDARD. Italiens Banken zählen infolge des florierenden Retailgeschäftes zu den bestverdienenden Kreditinstituten Europas. Großbanken wie UniCredit, Banca Intesa, Sanpaolo Imi und Banca Capitalia steuerten 2005 auf Rekordergebnisse zu.
Fette Gewinne
Insbesondere das Massengeschäft bringt Italiens Banken fette Gewinne. Die Jahresgebühren für Girokonten liegen einer Untersuchung des Verbraucherverbandes Adusbef zufolge mit durchschnittlich 500 Euro weit über dem EU-Schnitt. "Begünstigte" Girokonten seien mit knapp 200 Euro mehr als doppelt so teuer wie in Österreich, Spanien oder den Niederlanden, kritisiert Antonio Rigoni vom Marktforschungsinstitut Prometeia. Als die Banca Popolare in den Vorjahren diese Gebühren willkürlich um durchschnittlich 30 Euro erhöhte, war dies kein Skandal. "Sicherlich ist die BPI nicht die einzige Bank, die entsprechende Maßnahmen traf", sagte Rigoni. Die italienischen Bankkunden haben auf die "teuren Konten" bereits reagiert. In den vergangenen zwei Jahren wurden 1,3 Millionen Konten geschlossen. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.1.2006)