Das Steiermärkische Landesmuseum zählt damit zum Kreis von weltweit nur 15 Institutionen, die ein Originaldokument zum wohl berühmtesten Betrugsfall der Geowissenschaften besitzen: einen Beringer'schen Lügenstein. Benannt sind die Objekte nach dem Würzburger Universitätsprofessor für Medizin, Johannes Beringer. Er beschrieb im Jahr 1726 in der "Lithographiae Wirceburgensis" seltsame Fossilienfunde, die auf den Hügeln der nahen Residenzstadt gefunden worden waren: Sie zeigten steinerne Wiedergaben von Fröschen bei der Paarung, Spinnen in ihren Netzen, Bienen beim Blütensaugen, ja sogar Schriftzeichen.
"Präzise Rekonstruktion kaum mehr möglich"
Erzählungen zu Folge sollen diese "Iconolithen" aus fränkischem Muschelkalk auf Betreiben seiner Kollegen - eines Mathematikers und des Uni-Bibliothekars - von drei Studenten angefertigt und dem selbstgefälligen Professor untergejubelt worden sein. Misstrauisch wurde Beringer erst, als man ihm eine Versteinerung mit seinem Namen brachte.
"Was damals wirklich geschah, ist von einem Wust von Spekulationen und Verleumdungen so sehr überkleistert, dass eine präzise Rekonstruktion kaum mehr möglich ist", so die beiden Würzburger Wissenschaftler Birgit Niebuhr und Gerd Geyer, die im Vorjahr zum Lügenstein-Skandal publiziert haben. "Die Autoren kommen zu Schluss, dass Beringer - aus welchen Gründen auch immer - die ersten Figurensteine selbst herstellen ließ. Als ihm später weitere Lügensteine zugespielt wurden, musste er diese wohl hinnehmen, um sein Gesicht zu wahren", so der Grazer Paläontologe Martin Gross vom Landesmuseum Joanneum. Seine Abteilung kam im Vorjahr über eine Schenkung des Grazer Uni-Instituts für Erdwissenschaften in den Besitz eines eine Biene zeigenden "Lügensteines", der nun die neue Attraktion in der Schausammlung der Sammlung für Geologie und Paläontologie in der Grazer Raubergasse 10 ist.