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Salzburg – Ob der Schädel, den die Internationale Stiftung Mozarteum in Salzburg seit 1902 aufbewahrt, nun tatsächlich von Wolfgang Amadeus Mozart stammt, bleibt nach der ORF-Dokumentation "Mozart. Eine Spurensuche" weiterhin unklar. "Aus historischer Perspektive ist es unwahrscheinlich, dass es sich um Mozarts Schädel handelt", erklärte der künstlerische Leiter und kaufmännische Geschäftsführer der Stiftung, Stephan Pauly, am Montag.
Echtheit der Reliquien sollte bewiesen werden
In dem Film waren es Spezialisten vom Gerichtsmedizinischen Institut der Universität Innsbruck und des Armed Forces DNA Identification Laboratory (Rockville, USA), die dem Schädel und auch Haarlocken aus dem Mozarteum mit Hightech-Methoden zu Leibe rückten. In dem US-Armee-Labor war schon die Echtheit der Skelette der letzten russischen Zarenfamilie nachgewiesen worden. Zum ersten Mal wurde am Mozart zugeschriebenen Schädel eine DNA-Analyse vorgenommen.
DNA-Material wurde aus zwei Zähnen des Craniums gewonnen, die daher aus dem Schädel vorübergehend entfernt wurden. Vergleichsmaterial wurde aus dem Familiengrab Leopold Mozarts am Salzburger Friedhof St. Sebastian, das zu diesem Zweck geöffnet wurde, entnommen. Zur Bestimmung der Familienzugehörigkeit wurden die Skelette von Mozarts weiblichen Verwandten mütterlicherseits benötigt – denn nur diese bringen die nötige genetische Gewissheit. In dem Grab gesucht wurden namentlich die Skelette von Mozarts 1805 17-jährig gestorbener Nichte Jeanette Berchtold zu Sonnenburg und seiner Großmutter Euphrosina Pertl.
Nannerl stand nicht zur Verfügung
Die Schwester Mozarts, Nannerl, soll in einer Kommunalgruft im Salzburger Friedhof St. Peter beerdigt worden sein. Das Beinhaus wurde aber immer wieder neue belegt, deshalb bestehe kaum eine Chance, das betreffende Skelett zu finden. Zudem gebe es keine Nachkommen von Mozart mehr, um eine DNA-Analyse vorzunehmen, meinte der Mozarteums Stiftungs-Leiter.
Skelette im Familiengrab nicht miteinander verwandt
Doch am Vergleichmaterial scheiterte die Authentizitätsbestimmung: Die Skelette im Grab waren laut DNA-Analyse nicht miteinander verwandt, und auch nicht mit dem ehemaligen Besitzer des Schädels. "Die Personen (in dem Grab, Anm.) stehen zu einander in einem Ausschlussverhältnis", hieß es in der Doku. Auch eine Ausweitung der Untersuchung auf alle Skelette des Grabes brachte keine Abhilfe: Keine der Personen in dem angeblichen Familiengrab der Mozarts ist mit einer anderen verwandt. Wer in dem Grab liegt, ist unklar. Und daher kann auch die Identität des Schädels nicht bestimmt werden. Das Geheimnis des Schädels ist vorerst "noch größer geworden".
Auch Fundgeschichte mit historischen Lücken
Das Neue an der Untersuchung sei, dass die sterblichen Überreste, die bisher gefunden wurden, nicht miteinander verwandt seien, betonte Pauly vom Mozarteum. Wissenschaftlich bestehe derzeit keine Chance, die Echtheit des Schädels zu beweisen noch zu widerlegen. "Da auch die Fundgeschichte des Kopfes historische Lücken aufweist, halten wir seine Echtheit für unwahrscheinlich. Das muss schon mit großem Glück einhergehen." Es seien bereits viele Untersuchungen daran durchgeführt worden, die kein Ergebnis gebracht hätten.
Der untersuchte Schädel wurde rund zehn Jahre nach Mozarts Tod bei einer Neubelegung des Grabes am Friedhof St. Marx vom Totengräber Rothmayer zurückgehalten und Mitte des 19. Jahrhunderts von Josef Hyrtl der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Seither wurde der Schädel mehrere Male auf seine Authentizität geprüft, zuletzt in den 1990ern vom Naturhistorischen Museum.
Haarlocken stimmen auch nicht mit Schädel-DNA überein
Auch die überlieferten angeblichen Haarlocken des Komponisten wurden geprüft – und lieferten ein ähnlich ernüchterndes Ergebnis: Aus zwei Haaren konnte zwar verwertbares DNA-Material gewonnen werden. Nur waren die beiden Erbinformationen nicht identisch, und keine davon war mit dem Träger des Schädels ident. Die Haarlocken stammen also nicht von der selben Person und haben auch nie den Schädel geziert.
Mozarteum: Kopf "spielt schlicht keine Rolle"
Die Klärung der Echtheit liege aber nicht im Zentrum der Arbeit der Stiftung Mozarteum. Dennoch werde der Schädel weiterhin in der Sammlung unter Verschluss gehalten. "Er spielt schlicht keine Rolle. Wichtig ist für uns, die Menschen in Kontakt mit Mozart und seiner Musik zu bringen", so Pauly. Die Stiftung verfügt über eine große wissenschaftliche Abteilung, betreibt zwei Museen und veranstaltet zwei Musikfestivals im Jahr. Sie hat die Untersuchungen für die Filmdokumentation nicht beauftragt, sondern nur den Kopf zur Verfügung gestellt.
Grabsteine und Inschriften werden voerst nicht verändert An den Grabsteinen und den Inschriften des Familiengrabs der Mozarts im Sebastiansfriedhof wird vorerst nichts verändert. "Vorläufig bleibt alles beim Alten", sagte Bürgermeister Heinz Schaden (S) der APA. Der Friedhof steht im Eigentum der Stadt Salzburg, die auch die Erlaubnis zu den Grabungen erteilt hatte. (red/APA)