Yumkella: Afrika hat einige Fortschritte gemacht, vor allem, was die politische Pluralität betrifft. Wir sehen die Verbreitung von Good Governance und Zivilgesellschaften. Was wir zusätzlich brauchen, ist ein stärkerer wirtschaftlicher Privatsektor. Die beste Armutsbekämpfung ist Wohlstand in den afrikanischen Gesellschaften - geschaffen durch den Einsatz von Wissenschaft und Forschung und vor allem durch die Möglichkeiten, die eine globalisierte Welt bietet. Wenn die afrikanischen Länder die Millennium-Ziele der UNO erreichen wollen, müssen sie pro Jahr zwischen sechs und sieben Prozent wachsen. Das geht nur, wenn der vorhandene Agrarsektor mit einem entwickelten Privatsektor nach Chancen im Welthandel suchen.
Standard: Die Zahlen sprechen nicht dafür: Der neue Unido- Entwicklungsbericht weist von 1990 bis 2002 ein Absinken der Industrieproduktion für die Subsahara-Länder aus.
Yumkella: In den armen Staaten sollten wir mehr auch auf Handelskapazitäten achten. Wir müssen diesen Volkswirtschaften ermöglichen, Zulieferketten und Verbindungen zum Agrobusiness zu knüpfen. Produktion, Verpackung und Marketing müssen verbessert, Warenstandards erreicht werden, die in Europa, Amerika und Asien akzeptiert werden. Ein anderer Ansatzpunkt ist, die Produktivität zu steigern - mit neuen Managementmethoden sowie Forschung und Entwicklung. Ein akutes Problem, auf dem unser Augenmerk liegt, ist auch die Energiefrage.
Standard: Es geht also vor allem um Industriestandards?
Yumkella: Ja, wir haben mit der EU hart daran gearbeitet, dass arme Länder internationale Standards erreichen, die ihnen Marktzugang ermöglichen. Auch Japan hat seine Unterstützung angekündigt. Mit der WTO haben wir eine Partnerschaft, denn nach der Etablierung von globalen Standards brauchen arme Länder eine Hand, die ihnen hilft, diese auch zu erfüllen.
Standard: Gibt es Länder, die das bereits umsetzen?
Yumkella: Die dynamischen Ökonomien in Indien oder China haben 300 Mio. Menschen aus der Armut geführt. Viel vom Wachstum in diesen Ländern kommt von Klein- und Mittelbetrieben, die mit der Landwirtschaft oder sehr kleinen Mikrounternehmen verlinkt sind. Dort findet sich die Dynamik und der Wissenstransfer. Sehen Sie sich zum Beispiel auch den Bereich der neuen Ökonomien an: Callcenters etwa geben Anstöße für Industrieunternehmen in Sachen Wissenstransfer und Produktionsmethoden. Aus meiner Erfahrung im Feld weiß ich, dass wir nur so zu dem ,vermissten Mittelstand‘ kommen, der Entwicklungsländern fehlt.
Standard: Sie haben zuvor die EU und Japan genannt - wann werden die USA in die Unido zurückkehren?
Yumkella: Ich bin fest davon überzeugt, dass die USA in einigen Jahren wieder bei der Unido sind, wenn wir zeigen, dass wir Projekte auch auf den Boden bringen. Die USA sind ein großer Player in der Entwicklungspolitik und wir haben eine gemeinsame Vision: Nämlich Staaten zu helfen, sich selbst aus der Armut zu befreien.
Standard: Haben die USA ihre Schulden bei der Unido schon beglichen?
Yumkella: Nein, aber das ist eher irrelevant. Der Wunsch, Armen zu helfen, zählt.
Standard: Die Unido ist unlängst ins Gerede gekommen wegen einer Missmanagementaffäre am Zentrum für Hochtechnologietransfer in Triest. Es gab Rücktritte und fragwürdige Personalentscheidungen. Was werden Sie unternehmen?
Yumkella: Ich habe eine Kommission eingesetzt, die die Vorwürfe prüft. Wir überwachen das Zentrum stärker, überprüfen dessen Arbeitsprogramm und werden auch die Mitarbeiter dort besser trainieren.
Standard: Was erwarten Sie sich von der österreichischen EU-Präsidentschaft?