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Bei Flachdächern muss jedem Schaden, auch wenn er nur klein ist, nachgegangen werden.

Foto: AP/ KERSTIN JOENSSON
Dächer die unter der Last des Schnees einzustürzen, stehen laut Experten fast immer mit Vorschäden an der Konstruktion in Zusammenhang.
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Wien/Linz/Graz/Klagenfurt - Flachdächer seien "weitaus wartungsintensiver" als geneigte, referiert der Wiener Zivilingenieur Wolfgang Vasko ein Grundwissen seiner Zunft. Das Wegkehren von Schnee etwa, um das Einsickern von Wasser in die Dachhaut oder in Tragekonstruktion zu verhindern, gehöre zu den "Routineaufgaben der Hausmeisters" - oder sollte, besser gesagt, dazugehören.

Zusammengebrochene Garage

Im schneegeplagten oberösterreichischen Ried im Innkreis waren es am Mittwoch die Behörden, die die Bevölkerung zur Entfernung der weißen Pracht von Hallen- oder Bungalowdächern aufriefen. In Stadl-Paura (Bezirk Wels-Land) wurde ein Mann von Teilen einer zusammenbrechenden Garage verletzt, im oststeirischen Bezirk Hartberg musste ein Baumarkt in Flachbauweise evakuiert werden.

Bestehende Schwächen

Solche Zwischenfälle kämen "nie von heute auf morgen", sagt Vasko. Sie seien immer Resultat bereits bestehender Schwächen: "Bei Flachdächern muss jedem Schaden, auch wenn er nur klein ist, nachgegangen werden - und zwar sobald er gemeldet wird. Unter dieser Bedingung ist diese Bauweise für unsere Breitengrade gut geeignet."

Und sie ist auch beliebt, bei Planern von Hallen ebenso wie von Wohnhäusern. Das - so der Wiener Statiker Albert Raunicher - liege unter anderem an den im Vergleich zu Ziegelkonstruktionen niedrigeren Kosten. Ab den 1960er-Jahren, als es erstmals möglich wurde, Baufertigteile in Beton zu gießen - und flache Teile sich als leichter transportierbar herausstellten - gab es gar einen Flachdachboom.

Konkursfirmen nach Flachdachorgien

Wahre "Flachdachorgien" - so Vasko - wurden etwa in Floridsdorf gefeiert, wo Friedrich Kurrent und Johannes Spalt in der 1970er-Jahren eine Zentralsparkassa errichteten. Auch das Hallenbad in Neusiedl am See entspreche voll und ganz diesem Baustil. Jene Firmen jedoch, die damals "100-prozentige Abdichtung bei Nullgefälle" versprochen hätten, seien in den Jahren darauf alle in die Pleite geschlittert. Die Schadensvorsorge per Supermaterial hatte sich als Schimäre entpuppt.

Weiter Einsturzgefahr

Marode Hallen, Bäume und Strommasten blieben wegen der großen Schneemengen in Teilen Österreichs auch am Mittwoch akut einsturzgefährdet, vom Burgenland bis nach Kärnten wurden eine Reihe von Gebäuden aus sicherheitsgründen vorübergehend gesperrt.

Die Schneefälle nahmen ab - doch vor allem für Kärnten dürfte es sich nur um eine Unterbrechung handeln: Für Donnerstag rechnen die Meteorologen mit zwanzig Zentimeter Nachschub. Bundesweit waren am Mittwoch 400 Soldaten im Hilfseinsatz, um beim Schaufeln zu helfen.

Wenig Trost gab es auch für Bahnkunden, deren Züge wetterbedingt spät oder gar nicht ans Ziel kamen. Laut ÖBB erhalten sie keine finanzielle Entschädigung: Diese gebe es nur, wenn die Verspätung im Verschulden der Bahn liegt. (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe 5.1.2005)