Kairo/Paris/Damaskus - Der syrische Präsident Bashar al-Assad will offenbar nicht vor der UNO-Ermittlungskommission aussagen, die den Mord am früheren libanesischen Regierungschef Rafik Hariri untersucht. In einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der ägyptischen Wochenzeitung "Al-Osboa" sagte Assad auf eine entsprechende Frage, die Ermittler hätten bereits bei ihrem Besuch in Damaskus im Spätsommer des vergangenen Jahres diesen Wunsch geäußert.

Ein Treffen fand damals jedoch nicht statt, was Assad nun mit den Worten kommentierte: "Sie wollten Präsident Bashar treffen und der Präsident der Republik genießt internationale Immunität, wie sie wissen." Die regierungsnahe Kairoer Tageszeitung "Al-Ahram" berichtete am Sonntag unter Berufung auf syrische Regierungskreise, Damaskus habe der Untersuchungskommission mitgeteilt, dass Assad nicht aussagen werde.

Hariri und 22 weitere Menschen waren im Februar 2005 in Beirut einem Sprengstoffattentat zum Opfer gefallen. Die Ermittler sind überzeugt, dass der Mord nicht ohne Beteiligung der Syrer, die damals als Schutzmacht im Libanon stationiert waren, verübt werden konnte.

Assad weist Beschuldigungen vonKhaddam zurück

Zu dem Vorwurf des früheren Vizepräsidenten Abdelhalim Khaddam, Assad habe Hariri bei dem letzten Treffen der beiden Politiker bedroht, erklärte der syrische Präsident in dem Interview, er habe Hariri damals in deutlichen Worten gesagt, dass er sich einer Verlängerung der Amtszeit des libanesischen Präsidenten Émile Lahoud nicht in den Weg stellen sollte. Er habe ihn aber nicht bedroht, sondern nur gesagt, Hariri solle über diese Frage "einen Tag oder mehrere Tage lang nachdenken".

Khaddam hat in Paris Vertreter des UNO-Ermittlerteams getroffen, das den Anschlag auf Hariri untersucht. Das Treffen habe am Freitagabend in seiner Pariser Wohnung stattgefunden, sagte Khaddam am Samstag in Paris. Einzelheiten nannte er nicht. In einem RTL-Interview sagte der frühere syrische Vizepräsident erneut, Assad habe Hariri mehrfach bedroht. Er habe ihm vorgeworfen, gegen Syrien zu handeln und für die Wahl eines syrienfeindlichen Präsidenten im Libanon einzutreten. Assad habe gesagt, dass er entscheide, und hinzugefügt: "Wer sich gegen meine Entscheidungen stellt, den beseitige ich." Khaddam war im Juni 2005 als Vizepräsident zurückgetreten und hält sich nun privat in Paris auf.

Nach einem Bericht der in London erscheinenden arabischen Zeitung "Al-Hayat" will sich die Arabische Liga nicht in die UNO-Ermittlungen im Fall Hariri einschalten, auch wenn es zu einer Befragung Assads kommen sollte. Die Arabische Liga könne sich nicht in die Untersuchung oder in beschlossene UN-Resolutionen einmischen, sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, der Zeitung (Sonntagausgabe). Die Frage, ob der syrische Staatschef befragt werden solle, könne nur die Untersuchungskommission entscheiden.

Assad bei Abdullah und Mubarak

Bashar al-Assad hat am Sonntagabend überraschend mit seinem ägyptischen Kollegen Hosni Mubarak in Sharm el Scheikh gesprochen. Das Treffen in dem ägyptischen Badeort am Roten Meer war zuvor nicht angekündigt worden. Einzelheiten wurden nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur SANA nicht mitgeteilt. Am Morgen war Assad bereits in Saudiarabien mit König Abdullah zusammengekommen.

In einer gemeinsamen Erklärung zu dem Treffen in Saudiarabien hieß es, dass König Abdullah die Notwendigkeit eines "Ausbaus der syrisch-libanesischen Beziehungen und deren Stärkung auf allen Feldern" hervorgehoben habe. Dies sei nötig, um die Interessen der beiden "Bruderstaaten" und die Sicherheit in der Region zu wahren. (APA/dpa/AP)