Wien - Außenministerin Ursula Plassnik (V) hat Forderungen nach einem EU-Erweiterungsstopp zurückgewiesen und ist neuerlich für die Aufnahme der westlichen Balkanstaaten in die Europäische Union eingetreten. "Niemand kann wollen, dass zwischen Italien, Slowenien und Griechenland wieder eine Zone der Unruhe und der Unsicherheit entsteht", sagte sie laut Vorausmeldung in einem Interview für die am Montag erscheinende Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil". Die Forderung von BZÖ-Chef Jörg Haider, Österreich solle sich in der Zeit seines EU-Ratsvorsitzes für Schutzzölle gegenüber asiatischen Billigprodukten einsetzen, wies die Ministerin zurück

"Wir können nicht willkürlich zu einem bestimmten Zeitpunkt auf die Bremse steigen und unseren Partnern signalisieren: Jetzt wollen wir nichts mehr von euch hören", betonte Plassnik und fügte hinzu: "Das Friedensprojekt Europa in unserer Generation ist das Verwirklichen der europäischen Perspektive der Balkanpartner."

Zu der Forderung Haiders, Österreich solle sich für die Einführung von Schutzzöllen gegenüber asiatischen Billigprodukten einsetzen, sagte die Bundesministerin: "Tarnkappe auf, Zugbrücke hoch, Schutzzölle her: Das ist kein Zukunftsrezept. Wir sind Exportweltmeister. Mit einer Abschottung würden wir letztlich uns selber schaden." Die EU kämpfe aber für höhere Sozial- und Umweltstandards im Rahmen der UNO und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

Zur großen EU-Skepsis in Österreich stellte Plassnik fest, dass "die Europäische Union als solche keine Arbeitsplätze schaffen" könne. Aber durch Förderungen im ländlichen Raum und auch in den Grenzregionen würden auch neue Jobs entstehen. "Österreich ist ein Paradebeispiel für ein Land, das aus einem stabilen, sicheren Umfeld viele Vorteile zieht, auch für die Arbeitsplätze in Österreich."

Bei ihrer Reise am 10. und 11. Jänner nach Paris und Den Haag werde sie die Stimmung zu der in Frankreich und den Niederlanden abgelehnten EU-Verfassung ausloten: "Unsere Aufgabe sollte sein, zu Entkrampfungen beizutragen."

Bures: Bedingungslose Erweiterung kein gutes Signal

SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures hat Außenministerin Ursula Plassnik (V) "Abgehobenheit" in der Frage der EU-Erweiterung vorgeworfen. "Jetzt ist der Beitritt Rumäniens und Bulgariens noch nicht einmal über die Bühne, und es hat gerade erst eine für Österreich und die EU sehr problematische Budgeteinigung gegeben, und schon redet Plassnik der Aufnahme der westlichen Balkanstaaten das Wort", meinte Bures am Samstag in einer Stellungnahme zum "profil"-Interview der Ministerin.

Gegen eine engere Zusammenarbeit mit den Balkanstaaten sei nichts einzuwenden: "Im Gegenteil, die EU soll die Beziehungen durch spezielle EU-Partnerschaften intensivieren. Aber der Wunsch nach bedingungsloser Erweiterung ist sicher kein gutes Signal gegen die wachsende EU-Skepsis in Österreich und in Europa", erklärte die sozialdemokratische Politikerin.

BZÖ und FPÖ widersprechen Plassnik Scheuch: Vorläufiger Erweiterungsstopp - Kickl: "Zwanghafter EU-Fanatismus" der Außenministerin

Wien (APA) - Die Zurückweisung der Forderungen nach einem EU-Erweiterungsstopp durch Außenministerin Ursula Plassnik (V) hat am Samstag negative Reaktionen seitens des BZÖ und der FPÖ hervorgerufen. BZÖ-Bündnissprecher Uwe Scheuch erklärte zu dem "profil"-Interview der Ministerin in einer Aussendung: "Wir haben immer klar gesagt, dass der Beitritt von Rumänien und Bulgarien erst 2008 erfolgen darf. Dann muss es zu einem vorläufigen Erweiterungsstopp kommen, denn die Union muss sich erst einmal selbst konsolidieren und ihre massiven strukturellen Probleme lösen." FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sprach seinerseits in einer Stellungnahme zu dem Interview Plassniks von einem "EU-Fanatismus", der "allmählich zwanghafte Züge" annehme.

Wenn die Außenministerin die Forderung von BZÖ-Chef Jörg Haider nach Schutzzöllen bei Nichteinhaltung sozialer und ökologischer Mindeststandards ablehne und bei der Erweiterung der EU "trotz der massiven strukturellen Probleme der Union munter weitermachen will", habe sie die Position des BZÖ scheinbar nicht verstanden, so Scheuch. Er betonte, dass es selbstverständlich ein massives Problem für die Union sei, wenn Billigstprodukte aus Asien, die nicht annähernd nach den in Europa üblichen sozialen und ökologischen Mindeststandards produziert werden, die Mitgliedstaaten überschwemmen. "Hier geht es um den Verlust hunderttausender Arbeitsplätze. Unser Ziel ist es, diese dauerhaft zu sichern, denn das sind wir den Bürgern schuldig", betonte der Bündnissprecher. Er wiederholte die Forderung Haiders, dass Österreich hier im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft aktiv werden müsse. (APA)