Mehr als ein Jahr hatten die EU-Kommissare Zeit, sich in ihre Funktionen in Brüssel einzuarbeiten. Wie in jeder Regierung gibt es in der EU-Kommission auch Macher: Zu zu ihnen gehört - durch sein Amt - Kommissionspräsident José Manuel Barroso . Während der konservative Portugiese nach den negativen Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden keinen klaren Kurs vorgegeben hatte, so zeigte er zuletzt im Finanzstreit Flagge.

Das eher schwache Erscheinungsbild der EU-Kommission im ersten Jahr wird intern aber der für Kommunikation zuständigen Vizepräsidentin Margot Wallström angelastet. Die als Umweltkommissarin erfolgreiche Schwedin konnte in ihrer neuen Funktion kaum Impulse setzen.

Unter den fünf Vizepräsidenten ist Industriekommissar Günter Verheugen sehr einflussreich, ebenso Verkehrskommissar Jacques Barrot. Der Franzose ist öffentlich nicht so präsent, gilt aber als kompetent. Medial umso umtriebiger ist dagegen Justizkommissar Franco Frattini, während den für Administration zuständigen Esten Siim Kallas selbst in Brüssel nur wenige kennen.

Unter den Kommissaren sticht besonders der Brite Peter Mandelson heraus. Der selbstbewusste Handelskommissar stiehlt gerne anderen die Show, was bei den WTO-Verhandlungen insbesondere Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel erfahren musste.

Als kompetent in Schlüsselbereichen gelten der finnische Erweiterungskommissar Olli Rehn und die polnische Regionalkommissarin Danuta Hübner, die milliardenschwere Struktur- und Kohäsionsfonds verwaltet. Für das Budget generell ist die Litauerin Dalia Grybauskaité zuständig, die sich selten ein Blatt vor den Mund nimmt und deshalb eine beliebte Gesprächspartnerin von Journalisten ist. Gleiches gilt für die luxemburgische Medienkommissarin Viviane Reding und den spanischen Währungskommissar Joaquín Almunia.

Nur wenn ihre Themen Konjunktur haben, stehen die Kommissare Andris Piebalgs (Energie) aus Lettland, Janez Potocnik (Forschung) aus Slowenien und Markos Kyprianou (Verbraucherschutz) aus Zypern im Mittelpunkt. Relativ wenig öffentlich präsent sind dagegen Sozialkommissar Vladimír Spidla aus Tschechien, Umweltkommissar Stavros Dimas aus Griechenland und Steuerkommissar László Kovács. Völlig abgetaucht ist der slowakische Bildungskommissar Ján Figel', das Ressort Fischerei des Maltesers Joe Borgist für Österreich nicht sehr relevant.

Entscheidungen von in der Regel weit reichenden Auswirkungen treffen der für den Binnenmarkt zuständige irische Kommissar Charlie McCreevy und die aus den Niederlanden stammende Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes.

Ein vergleichsweise kleines Ressort hat dagegen der für Afrika zuständige Kommissar Louis Michel . Der Belgier, der sich zur Sanktionszeit besonders mit Kritik an der schwarz-blauen Regierung in Wien hervorgetan hat, muss pikanterweise häufig mit der damaligen österreichischen Außenministerin und nunmehrigen EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner zusammenarbeiten. Sie verteidigt ihre Bereiche in Brüssel vehement, auch gegen EU-Chefaußenpolitiker Javier Solana . Für die Funktion in der EU-Kommission gilt sie als Idealbesetzung, da sie wegen ihrer diplomatischen Ausdrucksweise nicht allzu sehr in Konkurrenz zu den 25 EU-Außenministern tritt. (DER STANDARD, Printausgabe, 08.01.2006)