Plädiert für ein "Eigenkapitaler- satzrecht" mit Stärkung der involvierten Banken: Anton Stumpf.

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Wien - Wie jedes Jahr seit geraumer Zeit endete auch 2005 mit einem neuen Pleitenrekord: Etwas mehr als 7000 Unternehmen konnten ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, meldete der KSV (Kreditschutzverband) kurz vor Weihnachten, elf Prozent mehr als im Vorjahr. Österreich hat damit eine der höchsten Insolvenzraten in der EU.

"Das ist inzwischen ein jährliches Spiel, wie eine Bilanz, nach der man ein neues Kapitel aufschlägt", sagt Anton Stumpf, als Sanierer mit seiner Elias Group quasi Notarzt vom Dienst. "Aber wenn man wirklich will, dass sich was ändert, muss man einige Rädchen drehen."

Denn wenn die Insolvenz angemeldet wird, auch wenn sie theoretisch in einem Ausgleich und damit einer Unternehmenssanierung enden könnte, ist es fast immer zu spät. Früher eingreifen ist darum das wichtigste Rädchen, an dem Stumpf drehen will, notfalls auch gegen den Willen der Eigentümer.

Bank als Eigentümer

Denn in Anbetracht der geringen Eigen- und hohen Fremdmittelquote des heimischen Mittelstands - "80 Prozent der österreichischen Wirtschaft sind Fremdkapital" - "ist der eigentliche Eigentümer die Bank, aber die kann nicht eingreifen. Denn das würde eine geschäftsführungsähnliche Handlung auslösen. Damit würde das Fremd- zu Eigenkapital werden", sagt Stumpf.

Zwar gebe es eine rechtliche Basis für Unternehmen, um frühzeitig eine Krise meistern zu können, das Unternehmens-Reorganisationsrecht, "aber das ist totes Recht: Weil eine veröffentliche Reorganisation löst erst recht die Unternehmensinsolvenz aus". Darum plädiert Stumpf für anderes: ein "Eigenkapitalersatzrecht", das es den Banken erlaubt, von sich aus bei ihren Gläubigern einen Performance-Check durchzuführen und notfalls Sanierungsmaßnahmen zu setzen.

Damit könne man "die Zeitkurve nach vorne kriegen, denn eine Insolvenz ist die größte Wertvernichtung, die es gibt. Mit Costcutting und Sparen kann man nie so viel retten wie mit rechtzeitigen Änderungen", begründet Stumpf seinen Vorschlag.

Eingriff von außen

Der Eingriff von außen sei nötig, da die psychologischen Aspekte einer existenzgefährdenden Krise dazu führen, dass interne Korrekturen versagen. "Unternehmer handeln von selbst nicht, wenn es eng wird: Aus Angst vor der Pleite und dem damit verbundenen Imageverlust, dem Verlust an sozialer Bedeutung", sagt Stumpf. Aus einem Psychogramm von 50 Unternehmen in der Krise habe sich klar gezeigt: Der Imageverlust wiegt dabei schwerer als der Kapitalverlust.

Für die Banken, die diese Aufgaben in die Hand nehmen müssten, gebe es einen klaren Nutzen: "Um zehn Millionen an schlechten Krediten auszubuchen, braucht man beim derzeitigen Zinsniveau ungefähr 500 Millionen neues Geschäft. Diese Energie sollte man in die konstruktive Kooperation mit seinen Problemkunden stecken, aber dafür sind die Banken derzeit nicht gerüstet, sie denken in Sicherheiten, aber damit ändert sich nichts im Unternehmen."

Das Problem, ortet Stumpf, sei tief in unserem Denken verankert: "Wir wissen, dass Krisen Entwicklungschancen sind, aber Unternehmen sehen das nicht so. Es fehlt schon in der Ausbildung, da geht es immer nur aufwärts. Was wir hingegen in einer Krise tun, damit haben wir nicht gelernt umzugehen." (Helmut Spudich, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 09.01.2006)