Kairo - Ein hoher islamischer Rechtsgelehrter hat in Ägypten einen heftigen Streit über die Frage ausgelöst, ob sich Ehepartner zum Geschlechtsverkehr vollständig entkleiden dürfen. "Völlige Nacktheit beim Akt macht die Ehe ungültig", urteilte der frühere Direktor der Rechtsfakultät an der renommierten islamischen El-Ashar-Universität, Raschar Hassan Chalil, in einem religiösen Rechtsgutachten ("Fatwa").

In ägyptischen Medien debattierten Experten am Wochenende über Chalils Aussage. Der Direktor der Fatwa-Abteilung an der El Ashar, Abdallah Megawer, argumentierte, Verheiratete dürften sich nach islamischem Recht durchaus voreinander komplett ausziehen, sollten aber den Blick nicht direkt auf die Geschlechtsteile des Partners richten. Megawer empfahl eine leichte Bekleidung.

"Nicht empfehlenswert"

Auch die Direktorin der Abteilung für Islamische Frauenstudien an der Universität, Soad Saleh, vertrat die Ansicht, Verheiratete dürften sich nackt sehen. Empfehlenswert sei dies allerdings nicht, weil es nicht in Einklang "mit den guten Sitten und dem guten Beispiel des Propheten" stehe.

Der Rechtsgelehrte Abdel Ruti vom Zentrum für Islamische Studien wies Chalils Fatwa rundweg zurück. "Beim Sexualakt zwischen Ehepartnern ist nichts verboten außer der widernatürlichen Unzucht", sagte Ruti. In keinem maßgeblichen Religionstext fänden sich Aussagen darüber, ob Verheiratete beim Sex bekleidet sein müssten oder ob sie ihren Blick von diesem oder jenem Körperteil abwenden müssten. (APA/AFP)