Es braucht nicht viel Fantasie, um sich das Chaos nach einem Unfall im Tunnel vorzustellen. Es ist finster, die Luft ist schlecht, der Ausgang möglicherweise kilometerweit entfernt. Wenn Fahrzeuge dann auch noch Feuer fangen - wie im Montblanc- oder im Tauerntunnel 1999 - ist ein Inferno programmiert.

Da Tunnel aber unverzichtbar sind, geht es in erster Linie um Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit. Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technik (bmvit) gab Anfang 2004 den Startschuss für das Forschungsprojekt "Vitus" (Video-Based Image Analysis for Tunnel Safety), das eine Kooperation zwischen dem österreichischen Autobahnbetreiber Asfinag, Seibersdorf research (ARCS) und dem Prozessvisualisierungs- und Steuerungssystem-Unternehmen ETM ist.

Schnell, klar, sicher

Dabei sollen mithilfe von Bilderkennung Systeme entwickelt werden, die rascher als bisher gefährliche Situationen automatisch erkennen. In allen Tunneln gibt es heute im Abstand von mindestens 200 Metern Überwachungskameras, die Nonstop-Bilder an eine zentrale Überwachungsstation leiten. Je länger der Tunnel, umso größer wird die Zahl der Bilder auf den Monitoren, die ein Tunnelwart theoretisch gleichzeitig überwachen müsste. Die Lösung dafür wären intelligente Kameras, die gefährliche Situationen selbst erkennen.

Im Tunnel sollte der Verkehr fließen. Wenn nun Hindernisse auf der Straße, zu geringe Fahrzeugabstände oder Rauchentwicklung entstehen, erkennen die Sensoren auf den Kameras dies als Abweichung von der Norm und schlagen Alarm. Der Tunnelwart entscheidet dann, ob die Situation auch tatsächlich gefährlich ist.

Wenn ja, gehen die Ampeln auf Rot, werden im Ernstfall Rettung und Feuerwehr alarmiert. "Gefahrensituationen in Tunnel sind extrem zeitkritisch, automatische Bilderkennung funktioniert schneller als alle bisherigen Systeme innerhalb von Millisekunden", erklärt der ARCS-Projektverantwortliche Helmut Schwabach, der "Vitus" gerade als Pilotprojekt im steirischen Plabutschtunnel testet. "Österreich ist in puncto Tunnelsicherheit bereits jetzt in Europa Vorreiter, mit den Ergebnissen aus dem Vitus-Projekt wollen wir noch einen größeren Schritt nach vorn machen", gibt sich Christian Trattner, Vorstand der Asfinag, zuversichtlich. (pok/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9. 1. 2006)