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DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche serviert Drinks im konzerneigenen Pub "Firehouse" in Detroit.

Foto: EPA/Melchert
Amerikanische Medien sind derzeit gnadenlos im Umgang mit ihrer kränkelnden Autoindustrie: Für General Motors und Ford, die beiden angeschlagenen Giganten, sei 2006 zweifellos ein entscheidendes Jahr – nicht nur im Kampf um Marktanteile, sondern überhaupt ums Überleben. Ein "Do-or-Die-Year" stehe den beiden Ikonen der US-Industriekultur bevor, so der Tenor.

Die Nervosität ist überall zu spüren. Da schlenzen GM und Ford zur in dieser Woche mit den Medientagen anlaufenden Detroit Auto Show jeweils ein gutes Dutzend neuer Modelle und Showcars aus dem Hut, perfekt in Szene gesetzt in aufwändigen Glitzershows. Jedoch: Die Asiaten, allen voran die Japaner, sowie die Deutschen beherrschen das Showelement bei den Autopräsentationen mittlerweile mindestens genauso gut.

Entschieden wird ohnehin an der Verkaufsfront, und da sieht es unter den US-Herstellern nur für die Chrysler Group (Chrysler, Dodge, Jeep) besser aus. Die US-Firmen von DaimlerChrysler haben plötzlich die richtigen Autos zur richtigen Zeit (und außerdem ihre Kostenstruktur in den Griff bekommen), und das heißt: nicht ausschließlich riesige Geländewagen, die mit dem teuren Sprit allzu sorglos umgehen.

Firmenchef Bill Ford Jr. ging bei der Detroit Auto Show ungeschminkt auf die Situation ein. Ford und GM müssten den bereits zehn Jahre andauernden Trend, wonach die beiden Großen kontinuierlich Marktanteile an die ausländische Konkurrenz verloren hatten, noch heuer umdrehen – oder gar nicht mehr.

"Schmerzhafte Einschnitte"

Zum Sanierungskonzept "Way Forward" sagte Vorstandschef Bill Ford Jr., es werde "schmerzhafte Einschnitte" geben. Details nannte er jedoch noch nicht. Laut Brancheninsidern will Ford nach den Milliardenverlusten in Nordamerika 25.000 bis 30.000 Jobs streichen und mindestens zehn Fabriken schließen. Ende Jänner soll der Ford-Sanierungsplan veröffentlicht werden.

Kirk Kerkorian wiederum, 1,4-Mrd.-Dollar-GM-Investor, fordert ultimativ und fast schon verzweifelt die Trendwende bei der Noch-Nummer-Eins. General Motors-Boss Rick Wagoner gibt sich kämpferisch, man werde die Position gegen den dramatisch in Richtung Spitze aufrückenden japanischen Giganten Toyota mit allen Mitteln verteidigen. Experten bezweifeln, dass die markigen Sprüche und die ihrer Meinung nach unzureichenden modellpolitischen Maßnahmen heuer greifen werden.

17 Mio. Neuwagen fasst der US-Markt jedes Jahr, und die Kunden greifen immer mehr zu qualitativ besseren, kleineren und sparsameren Autos aus dem Ausland. Die Amerikaner versuchen, durch energiesparende Hybridtechnologie – eine recht kostspielige Kombination aus Verbrennungsmotor und Elektroantrieb – die im Land verankerten Pickup-Trucks und SUV's halten zu können. DaimlerChrysler startet in den USA dagegen eine Dieseloffensive. Der Autokonzern will mit "Bluetec" den "saubersten Diesel der Welt" zunächst in den USA auf den Markt bringen, sagte Konzernchef Dieter Zetsche am Sonntag auf der Autoshow in Detroit.

Ab September werde dort die Bluetec-E-Klasse angeboten. Sie erfülle die strengsten Abgas-Limits weltweit. Diesel, in Europa seit Jahren eine boomende Technologie, spielt bei Pkw in den USA derzeit so gut wie keine Rolle. Mit den steigenden Spritpreisen und der einher gehenden Abhängigkeit von Ölexporteuren soll sich dies aber ändern, sogar Präsident George Bush hat Biodiesel als Zukunftschance gepriesen.

BMW schlägt Mercedes

Während sich Toyota anschickt GM zu überholen hat es BMW geschafft, den ewigen Konkurrenten Mercedes zu schlagen. BMW erhöhte seinen Absatz 2005 um rund zehn Prozent auf 1,127 Mio. Wagen und ließ damit erstmals seit zwölf Jahren Mercedes (1,077 Mio.) hinter sich.

Bei VW erzielten fünf der sieben Konzernmarken 2005 einen Rekordabsatz. In den USA und China ging es für VW allerdings bergab. Dafür startet VW nun mit dem Bau eines Werkes südlich von Moskau eine Offensive in Russland. Bei Opel geht es dank des Astras wieder bergauf, der Marktanteil in Deutschland steig über zehn Prozent. Opel ist wieder Nummer zwei auf dem Heimmarkt. (Andreas Stockinger aus Detroit, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.1.2006)