Wien - Der "Europäische Aktionsplan für Biomasse", der auf Initiative von Landwirtschaftsminister Josef Pröll während der österreichischen Präsidentschaft diskutiert werden soll, braucht ein Pendant auf nationaler Ebene, meinen Fritz Grillitsch, Präsident des Österreichischen Bauernbunds, und Franz Fischler, ehemaliger EU-Agrarkommissar und Präsident des Ökosozialen Forums.

Die Chancen, dass Österreich mittelfristig ein Viertel seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Energieträgern decken kann, seien nämlich gut. Schon jetzt kommen rund zwölf Prozent aus erneuerbaren Energien wie Biomasse-und Biogasanlagen, Fernwärme und Windenenergie. Rund elf Prozent der Energie stammt aus Wasserkraftwerken. Mit diesem Energiemix hält Österreich einen Spitzenplatz, hinter Schweden und Norwegen.

Auch auf Europa-Ebene soll die Biomassenutzung zu Energiezwecken bis 2010 mehr als verdoppelt werden, sagte Fischler. Derzeit kommen knapp 70 Millionen Tonnen Öl-Äquivalent, rund vier Prozent des EU-Energiebedarfs, aus Biomasse. Ziel bis 2010 ist, dies auf 185 Millionen Tonnen, neun Prozent des Verbrauchs, zu steigern.

Klimafreundlich

Zur Umsetzung der Ziele bedürfe es aber hier zu Lande schneller politischer Aktionen. Die Novelle zum Ökostromgesetz, politisch zwar beschlossen, aber parlamentarisch noch nicht abgesegnet, beinhaltet den Ausbau samt Förderung von Gaskraftwerken. Laut Fischler würden diese die Gasimporte um 2,8 Mrd. Kubikmeter erhöhen und mit fünf bis sechs Mio. Tonnen CO2 die Atmosphäre belasten. Fischler plädiert deshalb für eine komplette Neufassung des Ökostromgesetzes: "Der Bau von Gaskraftwerken gehört nicht mehr gefördert." Statt dessen sollten nur solche Energieerzeugungsanlagen unterstützt werden, die den CO2-Ausstoß nicht erhöhen.

Grillitsch sieht im Bereich der "festen Biomasse", also bei Holz, große Potenziale in Österreich. Jährlich beträgt der Zuwachs in den Wäldern 27 Millionen Festmeter. Genutzt werden davon nur 19 Millionen. Aus der Differenz ließen sich 200 durchschnittliche Biomasseanlagen, sechs Prozent der Stromabgabemenge, erzeugen.

Tiermist, Pflanzenreste

Auch bei der Verwertung von Tiermist und Pflanzenresten hat man bereits Erfahrungen gesammelt. Biogasanlagen, die diese Abfälle verwerten, haben eine durchschnittlichen Leistung von 250 kW und können somit rund 500 Haushalte mit Ökostrom versorgen. Derzeit sind 160 solcher Biogasanlagen von knapp 300 genehmigten Anlagen bereits errichtet. Bei der Einspeisung ins öffentliche Gasnetz laufen Pilotprojekte in zwei Bundesländern.

Da solche Umstellungen aber große Investitionen erfordern, und zwar sowohl auf Investoren- als auch Konsumentenseite, sollte das Energiefördersystem österreichweit neu gestaltet und "sinnvoll umgeschichtet" werden, sagte Fischler. "Investoren in solche Anlagen brauchen Planungssicherheit." (ruz, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.1.2006)