Köln - Der israelische Schriftsteller Uri Avnery glaubt nicht an einen politischen Wandel von Ministerpräsident Ariel Sharon in den vergangenen Jahren. Trotz des Friedensprozesses im Nahen Osten habe Sharon immer an seiner Ablehnung gegenüber den Palästinensern festgehalten, sagte Avnery am Montag im Deutschlandfunk. "Sharon hat seine Ansichten nicht verändert." Das sehe nur an der Oberfläche so aus.

Das starre Festhalten Sharons an seinen Positionen erklärte der Friedensaktivist und ehemalige Knesset-Abgeordnete Avnery mit dessen Herkunft. "Er kommt aus einem zionistischen Milieu, das an zwei Sachen hängt: dass der Staat Israel so groß wie möglich sein soll, dass er aber ein rein jüdischer Staat sein soll".

"Sehnsucht nach Frieden"

Die Hauptursache für die große Akzeptanz des israelischen Regierungschefs im eigenen Land sieht Avnery darin, dass Sharons politische Einstellung der Stimmung in Israel entspreche: "Einerseits eine gefühlsmäßige Sehnsucht nach Frieden, andererseits ein ungeheures Misstrauen gegenüber den Arabern".

Sharon sei der beste Vertreter dieser Gefühle: "Er dachte gar nicht daran, Frieden mit den Palästinensern zu schließen", sagte Avnery. Andererseits habe Sharon einen einseitigen Frieden erklärt und die Grenzen Israels einseitig bestimmt. Diese Gegensätze entsprächen der israelischen Psyche, weshalb er viele Israelis angezogen habe.

Der deutschstämmige Avnery hatte sich bis zuletzt für den 2004 gestorbenen Palästinenserführer Yasser Arafat eingesetzt. Den Tod Arafats bewertete er seinerzeit als Rückschlag für den Nahost-Friedensprozess. (APA/dpa)