Josef Hader und Marion Mitterhammer in David Schalkos "Heaven".

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Oliver Kartak setzt in "Bruderliebe" auf Laiendarsteller.

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Eva liegt tot im Wohnzimmer. Mit dem Mann, der die Leiche entdeckt, war sie verheiratet, doch der erkennt sie nicht. Er steht bloß da und stellt nüchterne Fragen - ganz so, als wäre er der Kommissar, der in diesem Fall ermittelt. Der ihm antwortet, steckt in einem merkwürdigen Indianerkostüm und weiß offenbar um die persönliche Verbundenheit des Fragenden nur zu gut Bescheid.

"Heaven" beginnt als Traum, der zur Realität gewisse Ähnlichkeiten aufweist. Hermann (Josef Hader), der zentrale Protagonist, ist Lehrer, seine Frau Eva (Marion Mitterhammer) betrügt ihn. Er lässt ein ominöses Video seiner Zukunft anfertigen, in dem er sieht, dass er sie erschießen wird. Hermann will daran nicht glauben; seine Erfolglosigkeit setzt ihm zwar zu, aber er ist zu passiv, um dagegen anzutreten. Für seine Aggressionen findet er nur in der Fantasie ein Ventil, in der seine Mitmenschen zu Zielscheiben werden, auf die er enthemmt losballern kann.

Talfahrt eines Verlierers

David Schalko, bekannt als Erfinder von "Die Sendung ohne Namen" und "Dorfers Donnerstalk", entwirft in "Heaven" die Talfahrt eines Verlierers, die immer wieder von komischen Einfällen gebremst wird. Der Kurzfilm, der am Montag gemeinsam mit "Bruderliebe" (Regie: Oliver Kartak) im betont unglamourösen Ambiente des Wiener Top-Kinos präsentiert wurde, ist Teil der vom ORF und dem Österreichischen Filminstitut initiierten "Nachwuchsfilmreihe" "8x45". Donnerstag (21.55 Uhr, ORF 1), geben die Arbeiten auch im Fernsehen den Auftakt der Serie.

Austria-Mystery

Ihr Überthema lautet "Austria-Mystery", ein genrehafter Zugang also, der nicht unbedingt Gruseln, dafür aber ein gewisses Spiel mit dem Unwägbaren garantiert. Bei Schalko dominiert der Witz über den Schauder. Die Irreführung des Protagonisten verläuft pointen- und voltenreich, wobei der Film auf diverse schrille Tonarten setzt, die sich nicht unbedingt in Harmonien auflösen. Dem glatten Aussehen höher budgetierter Fernsehfilme will man hier offensichtlich mit einem gewissen Hang zum Rohen entgegentreten.

Oliver Kartak, der für den ORF bereits "Sunshine Airlines" realisiert, greift in "Bruderliebe" ein gänzlich anderes Sujet auf. Er setzt sein Drama im Milieu einer Bergbauernfamilie an, in der es zwischen den Generationen und den beiden Brüdern zu Auseinandersetzungen kommt. Ein Wolf soll im nahen Wald sein Unwesen treiben, zugleich verunglückt der jüngere Bruder bei einem Streit, um dann, auf wundersame Weise geheilt, wieder zurückzukehren.

Märchenhaftes, christliche Symbolik und Versatzstücke

Kartak hat seinen Film zum großen Teil mit Nachwuchsdarstellern besetzt, um ihm auf diese Weise einen unverbrauchteren Anstrich zu geben. Der Realismus, der anfangs das Spiel der jungen Darsteller bestimmt, wird jedoch allmählich, bedingt durch die übersinnlichen Vorkommnisse, von immer überspannteren Posen abgelöst. Märchenhaftes, christliche Symbolik und Versatzstücke aus jüngeren Horrorfilmen fließen zu umstandslos ineinander, sodass zuletzt der Eindruck des Unausgegorenen der beständigste bleibt.

So uneinheitlich wie das erste Doppelprogramm könnte die gesamte Staffel von "8x45" werden, was durchaus auch reizvoll sein kann. Inwiefern der Umstand der Nachwuchsförderung erfüllt wird, wo doch etliche der Teilnehmer bereits etablierte Filme-und TV-Macher sind (weitere Beiträge kommen u. a. von Barbara Gräftner oder Lukas Sturm), bleibt allerdings fraglich. Die Produktionen scheinen eher dazu gedacht, eine Ausweitung bestehender Kooperationen zu schaffen. Das freilich muss auch nichts Schlechtes sein. Aber nur, wenn es bei keinem einmaligen Projekt "8x45" bleibt, sondern die Förderung von TV-Spielfilmen jüngerer Filmemacher im ORF künftig beständiger wahrgenommen wird. (Dominik Kamalzadeh/DER STANDARD, Printausgabe, 11.1.2006)