Medien
Einstweilige Verfügung gegen Styria-Einstieg bei "Vecernji list"
Kroatische Regierung lässt frühere Privatisierung prüfen - Styria-General Pirker: "Allenfalls kleine Verzögerung"
Die geplante mehrheitliche Beteiligung der
Styria Media AG ("Kleine Zeitung", "Die Presse") an der
auflagenstärksten Tageszeitung Kroatiens, "Vecernji list", verzögert
sich. Die neue kroatische Regierung hat nach Informationen der APA
eine einstweilige Verfügung gegen den Deal erwirkt. Grund dafür ist
die bereits unter dem früheren Präsidenten Franjo Tudjmann erfolgte
Privatisierung von Teilen der Tageszeitung. Diese soll nun
nachträglich geprüft werden.
Slavko Linic, stellvertretender Ministerpräsident Kroatiens und
Koordinator für den Kampf gegen das Organisierte Verbrechen,
erklärte, man habe "genügend Gründe", um den Verkauf weiterer Anteile
von "Vecernji list" vorerst zu stoppen. Das Handelsgericht habe dem
bereits zugestimmt. Auf diese Art wolle man künftige Investoren
schützen und darauf hinweisen, dass es bei der Privatisierung von
"Vecernji list" Unregelmäßigkeiten gegeben habe. Details wurden keine
genannt. Die potenziellen Teilhaber sollten warten, bis die
Hintergründe der Transaktion völlig geklärt seien, so Linic.
Styria-Generaldirektor Horst Pirker reagiert auf das Vorgehen
gelassen. "Wir haben die seinerzeitige Privatisierung mehrfach
rechtlich geprüft, und die übereinstimmende Antwort der Anwälte war,
dass die in Ordnung war. Wir gehen davon aus, dass die jetzige
Intervention der Regierung allenfalls zu einer kleinen Verzögerung
führen kann, weil ich aus mehreren Gesprächen mit
Regierungsmitgliedern und dem Staatspräsidenten weiß, dass man
ausländische Investoren keinesfalls vergrämen möchte", sagte Pirker
im Gespräch mit der APA.
Ähnlich argumentierte Marijan Kostrencic,
Aufsichtsratsvorsitzender von "Vecernji list". Er erklärte, dass der
Teil-Verkauf im Jahr 1998 völlig rechtmäßig verlaufen sei. Das hätte
auch eine unabhängige Expertise bestätigt. Zudem habe Styria bereits
eine nicht näher genannte Summe für die Anteile an "Vecernji list"
gezahlt. Von kroatischen Branchenkennern wird der Wert des
60-Prozent-Pakets auf 300 Millionen Schilling taxiert. Kostrencic
wollte aber keine näheren Angaben über die Verkaufssumme machen. Nur
soviel: Es seien Investitionen von bis zu 105 Millionen Schilling
geplant.
Das ehemals voll verstaatlichte Medienunternehmen "Vecernji list"
war vor zwei Jahren zu knapp 60 Prozent an eine Investorengruppe
veräußert worden, welche die Zeitung über den auf den britischen
Virgin Islands registrierten "Caritas Fund" kontrolliert hat. Dreißig
Prozent blieben weiterhin beim kroatischen Staat. Die Styria will nun
jene 60 Prozent übernehmen, die bisher via "Caritas Fund" gehalten
wurden. Größtes Asset der Zagreber Verlagsgruppe ist eine
zehnprozentige Beteiligung am kroatischen Mobilfunk-Netz "VIP", das
zu 51 Prozent im Eigentum der Mobilkom Austria steht.
Unabhängige Beobachter vermuten im jetzigen Vorgehen der
kroatischen Regierung politische Gründe. Seit den Wahlen im Jänner
dieses Jahres wird das Land von einer aus insgesamt sechs Parteien
bestehenden Koalition regiert, die von den Sozialdemokraten (SDP)
unter Ministerpräsident Ivica Racan und der sozialliberalen HSLS
angeführt wird. Die HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft)
Tudjmanns, die bis Jahresbeginn das Sagen hatte, musste in Opposition
gehen. Hinter den Sozialdemokraten stehen die früheren Kommunisten.
Sie hätten jetzt Bedenken, die größte und strategisch wichtigste
Tageszeitung des Landes in die Unabhängigkeit zu entlassen und sich
damit von einem Stück Machteinfluss zu trennen, heißt es in
Branchenkreisen. (APA)