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Greg Schulte, US-Botschafter

Foto: Reuters/Bader
Der Mann in Teheran versuchte zu unterscheiden, was für die internationale Gemeinschaft schon keinen Unterschied mehr machte. An mehreren "Forschungsstätten" seien die Siegel entfernt worden, doch die "Produktion" von nuklearen Brennstoff bleibe weiter ausgesetzt, erklärte Mohammad Saidi, Vizedirektor der iranischen Atombehörde, am Dienstag in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Pressekonferenz, während von Washington bis Peking ein Sturm der Kritik an der iranischen Führung losbrach.

"Mit dem Zerschneiden der Siegel der Internationalen Atomenergiebehörde zeigt der Iran seine Verachtung und die Zurückweisung der internationalen Diplomatie", stellte der amerikanische UN-Botschafter in Wien, Greg Schulte, im Gespräch mit dem Standard fest. Die Iraner haben im August 2005 bereits die Konversion von Uran in Isfahan wieder aufgenommen, erinnerte Schulte, nun starteten sie auch wieder die Forschung: "Das ist der nächste Schritt zur vollen Urananreicherung und damit zur Herstellung von Atomwaffen." Ein "bedeutender Schritt", wie Schulte unterstrich.

Inspektoren der Wiener UN- Atombehörde (IAEO) beobachteten am Dienstag die Abnahme der Siegel in der Nuklearanlage in Natanz, südlich von Teheran. Bei der Stilllegung im Jahr 2003 bestand Natanz aus mehreren Einrichtungen: einem Zentrum für den Bau von Zentrifugen, einem Testwerk für die Urananreicherung, in dem 164 Zentrifugen gestanden haben sollen, und einem damals im Bau befindlichen Werk für die industrielle Anreicherung von Uran. Siegel wurden auch an zwei weiteren Anlagen, in Pars Trash bei Teheran und in Farayand, entfernt.

"Begrenztes Maß"

Nach Angaben der IAEO vom Dienstag will der Iran in "begrenztem Maß" in einer Pilotanlage in Natanz Uran anreichern. Die iranische Führung deklariert dies als "Forschung", das Endprodukt wird gleichwohl angereichertes Uran sein. Seine Geduld mit Teheran sei erschöpft, hatte IAEO-Direktor Mohamed ElBaradei am Vortag gesagt.

Noch im vergangenen Dezember hatte ein Diplomat bei der IAEO gegenüber US-Medien angegeben, dass die Produktion von angereichertem Uran im Iran "ohne Unterbrechung" in mehreren militärischen und der IAEO deshalb nicht zugänglichen Anlagen vonstatten gehe. Zum Bau von Atomsprengköpfen ist hoch angereichertes Uran notwendig, schwach angereichertes Uran kann nur für zivile Zwecke verwendet werden. Teheran behauptet, das Atomprogramm solle lediglich die Stromversorgung des Landes sicherstellen. Die iranische Führung konnte der IAEO bisher aber nicht glaubhaft machen, welchen Sinn unter diesen Umständen etwa die groß dimensionierten Anlagen in Natanz haben.

Eine Dringlichkeitssitzung des Gouverneursrats der IAEO ist nun wahrscheinlich. In einer Resolution im vergangenen September hatte die IAEO noch von einer Überweisung des Atomstreits an den UN-Sicherheitsrat abgesehen.

Österreichs Rolle

Es sei an den Europäern zu entscheiden, ob sie nun weiter mit dem Iran verhandeln wollten, meinte US-Botschafter Schulte, ließ aber keinen Zweifel, dass er weitere Gespräche der EU-3 – Frankreich, Deutschland, Großbritannien – für überflüssig hält: "Teheran hat seine Entscheidung getroffen, und die ist, keine Verhandlungen zu wollen." Österreich kommt dafür als EU-Ratspräsident aus Sicht des US-Botschafters eine "sehr wichtige Rolle" zu.

"Österreich ist entscheidend für die Botschaft, die nun dem Iran gegeben werden muss", sagte Schulte. Deutliche Worte an den Iran kamen zunächst aber aus Berlin und Paris. Von einem "schweren Fehler" der Iraner war dort die Rede. Für Donnerstag ist ein Krisentreffen der EU-3 anberaumt worden – nach Berlin. (DER STANDARD, Printausgabe, 11.1.2005)