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Foto: APA/Gindl
Wien – Eine dicke Schneedecke tarnt die Szenerie in der Mauerbacher Berggasse etwas. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass mehrere alte Kühlschränke zugeschneit am Gartenzaun stehen, eine ausrangierte Badewanne, dass der parkende Opel keine Nummerntafel mehr hat. An der Hauswand lehnen Kartons mit Spielzeug, im schmalen Stiegenhaus in den ersten Stock sind Kinderzeichnungen an der Wand befestigt.

Vier Mädchen starben Montagnachmittag in dem Haus, der 50-jährige Hubert R. hat seine drei leiblichen Töchter und ein Pflegekind erdrosselt beziehungsweise ihnen die Kehle durchgeschnitten, sagt die Polizei. Die Leichen legte er nebeneinander ins Bett. Seine Frau, die gegen halb fünf nach Hause kam, schlug er mit einer Holzlatte bewusstlos – nachdem sie erwachte, soll es zu einem stundenlangen Streit gekommen sein, ehe er sie nochmals, mit einer Statue, attackierte und die 45-Jährige flüchtete. Die Kinder seien schon von der Fürsorge abgeholt worden, habe ihr ihr Mann gesagt, schildert sie später der Polizei.

"Liebe zu den Kindern"

„Die Liebe zu den Kindern war immer da“, erklärt Christa Walzel ruhig. Sie ist provisorische Leiterin der Volksschule in Mauerbach, die die sechsjährigen Zwillinge Desiree und Mariella seit Herbst besuchten. Auch die neunjährige Pflegetochter der Familie R. wurde hier unterrichtet, die zehn Jahre alte Michaela geht schon in die Hauptschule. „Die Kinder waren unauffällig, sicher nicht verwahrlost. Einzig die Wohnverhältnisse waren schwierig, aber die Familie hatte schon eine Ersatzwohnung gefunden“, beschreibt Walzel. Die Mutter, die im angegliederten Hort als geringfügig Beschäftigte geholfen hat, hatte ebenso wie der Vater immer Interesse an der Schule gehabt.

Nachdem Frau R. geflüchtet und ins Krankenhaus gebracht worden ist, kommt kurz vor 22 Uhr die Polizei und die 21 Jahre alte Tochter des Paares zum Tatort. Sie finden die Toten, nach dem flüchtigen Frühpensionisten wird eine Fahndung eingeleitet. Gegen halb zwei wird sein Handy geortet, die Polizei entdeckt ihn in seinem Auto auf der Sophienalpenstraße in Wien-Penzing, nur wenige Kilometer entfernt. Der Verdächtige rammt das Polizeiauto, die Beamten schießen – laut Obduktion tötete ihn aber keine Kugel, sondern ein selbst zugefügter Herzstich.

"Viele sind nicht reich"

„Er war völlig unauffällig, sie waren halt nicht reich, aber das sind viele im Ort nicht.“ Bürgermeister Gottfried Jelinek kann sich keinen Reim machen. Den 50-jährigen ehemaligen U-Bahnfahrer, der auch bei Kollegen als einsatzfreudig und fleißig bekannt war, bis ihn eine Krankheit in den Ruhestand zwang, hat Jelinek als liebevollen Vater gekannt. Nur von Konflikte mit der Schwiegermutter habe er gehört.

Der alten Frau gehörte das Haus, das am kommenden Dienstag zwangsversteigert werden sollte. Immer wieder hab es Familienstreits gegeben, gelegentlich sei auch die Polizei vorgefahren, schildert Christian Gerd Laudenbach, ein Nachbar. Um Geld sei es gegangen, behauptet er. Bei der Polizei weiß Franz Polzer, Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich, dagegen nichts von irgendwelchen Einsätzen. „Es gab nie Zwischenfälle, einmal ging es um einen Hundebiss.“ Über Hintergründe kann Polzer nur rätseln, die verletzte Ehefrau, die ihren Geburtstag im Spital verbrachte, muss erst vernommen werden. (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe, 11.01.2006)