Im Unglücksstollen von Kaprun könnten bald wieder Seilbahngarnituren fahren. Allerdings nur für den Materialtransport. Der beim Brandinferno unversehrt gebliebene Salzburg - Eines kann Harald Schiffl auf jeden Fall ausschließen: "Einen öffentlichen Gästeverkehr wird es sicher nie mehr geben." Allerdings bestätigt der Unternehmenssprecher der Gletscherbahnen Kaprun im STANDARD-Gespräch, dass es Überlegungen gebe, die Unglücksbahn durch den Stollen auf das Kitzsteinhorn wieder für Materialtransporte in Betrieb zu nehmen.

Derzeit müsse "jeder Liter Milch" mit der Seilbahn zum Gletscherskigebiet hinauftransportiert werden. Nach der Brandkatastrophe vom 11. November 2000 ist mit dem "Gletscherjet" eine neue Umlaufseilbahn auf das Kitzsteinhorn errichtet worden.

Logistische Hilfe

Materialfahrten durch den derzeit stillgelegten Stollen wären für die Logistik des Unternehmens eine willkommene Unterstützung. Bis aber der erste Zug auf den 45 Grad steilen Geleisen der Standseilbahn bergwärts fährt, dürfte noch einige Zeit vergehen. Derzeit werde geprüft, wie die Bahn für den Lastentransport genutzt werden könnte. Der "Gletscherdrachen" - jene Garnitur, die zwar völlig verrußt wurde, aber sonst relativ unversehrt geblieben ist - sei aber von seiner Konstruktion her "nicht brauchbar", ist Schiffl überzeugt. Die zweite Garnitur, die "Kitzsteingams", ist bei der Brandkatastrophe im November 2000 völlig ausgebrannt; damals wurden 155 Menschen getötet.

Anlass für die Überlegungen, was mit der Stollenbahn geschehen soll, ist die Freigabe der Beweismittel durch das Gericht am Dienstag. Die Rückgabe erfolgt aufgrund der Bestätigung der Freisprüche im Kaprun-Strafprozess durch ein Berufungsgericht vergangenen September. Vorerst habe man aber nur Aktenordner und Unterlagen abgeholt, so Schiffl. Der als Vergleichzug ebenfalls beschlagnahmte "Gletscherdrache" bleibe bis auf Weiteres in einer Salzburger Kasernenhalle.

Aufarbeitung abgeschlossen

Aus Sicht der Gletscherbahnen ist mit der Rechtswirksamkeit der Freisprüche im Kaprun-Prozess die Aufarbeitung des Unglücks abgeschlossen und man geht zur Tagesordnung über. Folglich gab es am fünften Jahrestag vergangenen November auch kein offizielles Gedenken mehr bei der Talstation der Unglücksbahn.

Von der Freigabe der Beweismittel ausgenommen bleiben jedoch die in den Führerständen des "Gletscherdrachen" eingebauten Heizlüfter. Ein derartiges Gerät der Firma Fakir soll laut Sachverständigengutachten brandauslösend gewesen sein. Die sichergestellten Vergleichsheizungen könnten für ein mögliches Verfahren in Deutschland von Bedeutung sein. Die Staatsanwaltschaft Salzburg hatte jedenfalls im November 2005 ein Übernahmeansuchen an die Staatsanwaltschaft Heilbronn gerichtet. Basis dafür ist eine von den Anwälten der Gletscherbahn eingebrachte Anzeige gegen Fakir, da laut Gutachten ein Produktions-, Konstruktions- und Materialfehler bei einem Heizlüfter die Katastrophe ausgelöst habe. Die Firma Fakir habe es verabsäumt, im Jahr 1997 trotz Kenntnis der Gefährlichkeit des Heizlüfters eine Rückholaktion zu starten.

Vorwürfe bestritten

Fakir hat diese Vorwürfe stets bestritten und sich unter anderem damit verantwortet, dass die Gerätetypen nicht für den Einbau in Fahrzeugen bestimmt gewesen wären. Zudem könnten auch bei der Montage durch die Gletscherbahnen Produktveränderungen vorgenommen worden und so Beschädigungen am Gerät aufgetreten sein.

Gegen zwei Mitarbeiter des Heizlüftererzeugers laufen in Deutschland Verfahren. Ermittelt wird wegen des Verdachtes der fahrlässigen Brandstiftung und der fahrlässigen Tötung. (neu, DER STANDARD Printausgabe, 11.01.2006)