Wien – Die Burgschauspielerin Paula Wessely ist tot. Die Kammerschauspielerin und Doyenne des Wiener Burgtheaters ist am Donnerstag (11. Mai) im Alter von 93 Jahren in einem Krankenhaus in ihrer Heimatstadt Wien gestorben. Das teilte das Burgtheater am Freitag in einer Aussendung mit.

Als Kronzeugin und Hauptperson großer Theater- und Filmgeschichte, als Großmeisterin der feinst gefärbten unergründlichen Zwischentöne, deren Karriere von Superlativen und Kritikerhymnen begleitet war, ist Paula Wessely zu einem fast mythischen Theater-Denkmal geworden, Teil der kulturellen Identität Österreichs.

Wiener Publikumsliebling

Paula Wessely wurde am 20. Jänner 1907 in Wien geboren, wo sie am Max-Reinhard-Seminar studierte. 1924 debütierte sie am Volkstheater in Wien. Es folgten Engagements u.a. ans Deutsche Theater in Prag (1926/27) und das Theater in der Josefstadt (1929). In vielen kleinen Rollen meist im Boulevardfach als Zofe oder Salonschöne hatte es die Wessely schon zum Wiener Publikumsliebling gebracht, ehe sie – nach dem ersten Auftritt bei den Salzburger Festspielen als Luise in Schillers "Kabale und Liebe" (1930) – einen triumphalen Durchbruch im deutschen Sprachraum 1932 mit Gerhart Hauptmanns "Rose Bernd" in Berlin erreichte. Die Kritik feierte sie bei ihrem Debüt am Deutschen Theater in Berlin als "Elementarereignis".

Theatergeschichte schrieb "die Wessely" auch als Gretchen in Max Reinhardts legendärer "Faust"-Inszenierung in der Salzburger Felsenreitschule, mit der Titelrolle in Shaws "Die Heilige Johanna" in Berlin und als Hero in Franz Grillparzers "Des Meeres und der Liebe Wellen" (1941).

Kinoerfolge

Paula Wessely war eine der größten Entdeckungen des deutschsprachigen Tonfilms der dreißiger Jahre. Mit der Rolle der Vorleserin Leopoldine Dur in Willi Forsts "Maskerade" (1934) begründete die Wessely ihren Rang als Leinwandstar. Jahre später übernahm sie die weibliche Hauptrolle in Gustav Ucickys NS-Propagandafilm "Heimkehr" (1941). Die Kunst der Wessely, Frauen zu zeichnen, die tiefsten Schmerz und hoffnungslose Verzweiflung mit unbeugsamer Seelenkraft überwinden können – sie kam den Nationalsozialisten gerade recht, als es galt, Leidensfähigkeit und Durchhaltekraft zu stärken.

Weitere große Kinoerfolge der Schauspielerin – die Einladungen nach Hollywood nicht Folge leistete – waren "Episode", "Die ganz großen Torheiten", "Der Engel mit der Posaune", "Vagabunden der Liebe", "Cordula", "Ich und meine Frau" oder "Ein Leben lang".

Obwohl sie auf eine internationale Laufbahn verzichtete, wurde die Wessely weltbekannt. Laurence Olivier, nach den bedeutendsten Schauspielerinnen befragt, nannte ihren Namen. Bette Davis ließ sich immer wieder ihre Filme vorführen und Thomas Mann schrieb in Erinnerung an "Maskerade": "Sie hält einen Platz in der kleinen Galerie der Frauen, die mir, ohne es zu wissen, das Herz bewegt haben". (APA)