Wien - Im Fall Seibane Wague liegt zwei Monate nach der Urteilsverkündung in Wien das schriftliche Urteil von Richter Gerhard Pohnert vor. Die Staatsanwältin und die Verteidiger dürften es noch in dieser Woche zugestellt erhalten. Sie haben dann einen Monat Zeit, um die angemeldeten Rechtsmittel auszuführen. Insider rechnen damit, dass sich das Wiener Oberlandesgericht als Berufungsbehörde zu Frühjahrsbeginn damit befassen wird.

Im Zusammenhang mit dem am 15. Juli 2003 im Stadtpark ums Leben gekommenen Seibane Wague waren am 9. November nach einem umfangreichen Strafverfahren im Wiener Landesgericht ein 33-jähriger Polizist sowie der an der Amtshandlung beteiligte 57 Jahre alte Notarzt wegen fahrlässiger Tötung zu jeweils sieben Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Beide meldeten dagegen unverzüglich Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Dem Arzt machte der Richter in seiner Entscheidung den Vorwurf, die gebotenen Maßnahmen - Zuruf an die Beamten, die Fixierung zu beenden, Prüfung von Wagues Vitalfunktionen und unverzügliche Erste Hilfeleistung - unterlassen zu haben, obwohl er den lebensbedrohlichen Zustand des Mauretaniers erkennen hätte müssen. Der Polizist wurde schuldig gesprochen, weil er sich mit seinem Körpergewicht von 85 Kilo minutenlang über den Brustbereich des am Boden fixierten Mannes gebeugt und ihm so das Atmen verunmöglicht hatte.

Fünf weitere Polizisten und drei Sanitäter wurden demgegenüber freigesprochen, was die Anklagebehörde nicht akzeptierte. Ihrer Ansicht nach wären sämtliche zehn Beschuldigte zu verurteilen gewesen. Sie sei "mehr denn je davon überzeugt, dass jeder Einzelne von ihnen Mitverantwortung für das tödliche Geschehen trägt", meinte die zuständige Staatsanwältin nach der Verhandlung und legte gegen die Freisprüche Rechtsmittel ein. (APA)