Jetzt sitze ich endlich als Sex-Touristin auf Kuba, und es wird mir natuerlich gleich alles zu viel. Das Internet-Café scheint zu funktionieren, aber es hat eine spanische Tastatur, und ich muss mit Umlauten sparen. Das Internet-Café ist im Hotel Sevilla, wo schon Hemingway geschrieben hat, auch er ohne Umlaute. Ohne Umlaute hat er sich bis zum Nobelpreis hochgeschrieben, es muss also was dran sein.

Ich versuche einmal, seinen Working Class Style zu imitieren. Die alte Frau und der Sex-Tourismus. Die Working Class hier ist, es klingt so traurig wie die kubanische Musik, arbeitslos, wenn es keine Sex-Touristen gibt. Die Leute sind unerschrocken gut drauf, und die belleza decadente ist beruehmt. Mein Begleiter ist auch beruehmt in Havanna, er war schon ein paar Mal im kubanischen Fernsehen, aber ohne mich darf er nicht in das Hotel Sevilla. Das ist alles ganz ungewohnt, solche Rollenspiele, wo es gemischte Paare gibt, die man nicht verniedlichen darf, weil dann kommt unweigerlich ein Umlaut dabei heraus. Eigentlich darf man auch nicht von beruehmt und legendaer schreiben und schon gar nicht von Schoenheit, wegen der drohenden Umlaute.

Um Laut zu haben, muss man in Havanna nicht weit gehen, der Musik kann man nicht entkommen. Viele Leute haben vom Land der Umlautfreudigkeit gehoert und wollen dahin, deshalb sind sie sehr bindungsfreudig. Ohne Umwege. Sie sind direkt und reden von der Zukunft. Ohne Umlaut und Umweg. Vielleicht kennen sie keinen Umweg, weil sie nicht an den Umlaut gewohnt sind. Ich habe eine Provinz auf der Karte entdeckt, die Camagueey (Mit Umlaut-ue) geschrieben wird, aber die Tastatur will das hier nicht kennen.

Das Leben in Kuba ist nicht einfach, weil es so wenig Umwege gibt. Und die Leute glauben, nur einen Ausweg. Wie auch nur einen feschen Revolutionaer. Der koennte ganz leicht verjuengt werden, weil fesch sind hier viele. Ich sehe viele Auswege, und viele Umwege, aber ohne Umlaut krieg ich ja auch nichts hin.

Ihre Cosima Reif, Zufallskolumnistin
(Der Standard/rondo/13/01/2006)