Bei Befürwortern und Gegnern gingen die Emotionen hoch.


Klagenfurt – Kurz vor dem Marterl am rechten Straßenrand steht sie. Blauer Rand, weißer Hintergrund, mitten drinnen prangt die Aufschrift "Bleiburg". Und diese Ortstafel soll nun laut Verfassungsgerichtshof um die slowenische Bezeichnung "Pliberk" ergänzt werden. Doch der Widerstand dagegen ist heftig.

Dabei besitzt der Ortsname deutsche Tradition: Das slowenische "Pliberk" geht auf die mittelhochdeutsche Bezeichnung "Plyburch" zurück. Als deutsches Lehnwort gelangte sie ins Slowenische.

Aufruhr in Haider-Land

Macht alles nichts, für die Wirtin vom Gasthaus Schwarz steht trotzdem fest: Die ganze Sache ist eine von Wien angezettelte Provokation. Ihre Argumente liest sie aus einem vorgefertigten Statement ab und resümiert: "Wir brauchen keine zweisprachigen Ortstafeln." Verkehrslandesrat Gerhard Dörfler (BZÖ) hat sie offenbar rechtzeitig vom Medienbesuch informiert. Er ist überzeugt, die Devise der Verfassungsrichter laute: "Im Haider-Land muss es Schwierigkeiten geben." Dass im umliegenden Gemeindegebiet die zweisprachigen Ortstafeln (wenn auch nicht vollständig) bereits seit dem Ortstafelgesetz von 1972 stehen, stört weder Wirtin noch Landesrat.

"Das zweisprachige Zusammenleben funktioniert bei uns sehr gut", ist der Bleiburger Bürgermeister Stefan Visotschnig (SPÖ) überzeugt und spricht zur Begrüßung Slowenisch. Von Jörg Haiders Ortstafelumfrage hält der Bürgermeister wenig: "Ich habe nicht abgeschickt."

Dabei hatte der Kärntner Landeshauptmann die "sehr geehrten Bürgermeister" in einem Schreiben extra darauf hingewiesen, dass sein Lösungsvorschlag (zehn Prozent Minderheitenanteil in Gemeinden und 15 Prozent in Ortschaften) mit Kanzler Wolfgang Schüssel und VfGH- Präsident Karl Korinek "entwickelt" worden sei. Letzterer weiß davon allerdings nichts. Die Höchstrichter legen einen Zehnprozentanteil "über einen längeren Zeitraum" fest, um als gemischtsprachiges Gebiet zu gelten. Auch Bürgermeister Visotschnig will die Haider-Lösung "nie ausverhandelt" haben.

Umso verwunderlicher, dass der seine "Privatumfrage" (Visotschnig) auf dem offiziellen Papier der Kärntner Landesregierung versandt hat. Und die soll heute, Freitag, beim gemeinsamen Treffen mit den Bürgermeistern bei Kanzler Schüssel, medienwirksam präsentiert werden.

Haider-Sprecher Stefan Petzner präsentierte dem STANDARD bereits Tags zuvor stolz die orangen Postkörbe voll mit Antwortkarten. Haider selbst braucht die Auswertung erst gar nicht abzuwarten, er weiß ohnehin: "Die Leute lassen sich keine zweisprachigen Ortstafeln aufzwingen." Und überhaupt: Das VfGH-Erkenntnis sei für ihn "nichtig". Genüsslich in die neue Ledergarnitur gelehnt geht's noch schärfer: "Rechtliche Tricks", "Missbrauch" und "reine Willkür" wirft Haider den Wiener Richtern vor. Nur der Anwalt Rudi Vouk, der mittels Schnellfahren auch das Bleiburger VfGH- Erkenntnis "provoziert" habe, kann den Landeshauptmann ähnlich in Rage bringen.

In der Gemeinde Bleiburg versuchen Angehörige der slowenischen Volksgruppe unterdessen, ihr Recht selbst in die Hand zu nehmen: "Einer hat sich die zweisprachige Ortstafel für Bleiburg selbst angefertigt und auf seinem Privatgrundstück aufgestellt", erzählt der Bleiburger Stadtrat Jurij Mandl von der slowenischen Einheitsliste. "Jeden Morgen stellt er sie in der Früh auf und räumt sie am Abend wieder weg, damit sie nicht von Ortstafelgegnern umgerissen wird."

Grenzlandheim allein

Damit hat man in Bleiburg Erfahrung. Das slowenische Kulturhaus etwa steht genau auf jenem Grundstück, wo bereits 1976 wütende Ortstafelgegner aktiv wurden. Mandl: "Wir mussten ein eigenes Kulturzentrum bauen, weil uns die deutschsprachige Mehr 5. Spalte heit nicht in ihr ,Grenzlandheim‘ hineingelassen hat." Die beiden Veranstaltungshäusern liegen heute 200 Meter voneinander entfernt. Während im modernen Kulturni Dom reges Veranstaltungsleben herrsche, stünde das Grenzlandheim die meiste Zeit des Jahres leer, sagt Mandl. "Unser Haus ist selbstverständlich offen für alle."

Mitfinanziert wurde der 3,2- Millionen-Euro-Bau aus den Mitteln der Volksgruppenförderung, was laut Mandl bei einigen deutschsprachigen Bleiburgern Neidgefühle geweckt habe. Dass mit öffentlichem Geld etwa auch die über Kärnten hinaus bekannte Galerie des Malers Werner Berg gefördert wurde, gerate dabei gerne in Vergessenheit. Aber Minderheitenförderungen und Ortstafeln sind für Mandl ohnehin zwei Paar Schuhe, auch wenn Landeshauptmann Hai 6. Spalte der beides immer wieder vermengen wolle. Und bei der zentralen Frage der Ortstafeln sei den ohnmächtigen Slowenen gar nichts anderes übrig geblieben, als ihr Recht über das Verkehrsvergehen Rudi Vouks einzuklagen.

In St. Kanzian, wo Vouk sein erstes VfGH-relevantes Strafmandat kassierte, ist er hingegen ein rotes Tuch: "Der kann ja nicht einmal deutsch lesen", empört sich ein dunkel gelockter Stammgast mit schwarzem Schnauzer im Café Rumpelstilzchen. Vouk gehöre die Anwaltslizenz entzogen, weil "der hat ja nicht einmal bezahlt für's Schnellfahren". Was so nicht stimmt: Beide Strafmandate für Bleiburg und St. Kanzian hängen eingerahmt in Vouks Büro.

Würde in St. Kanzian eine zweisprachige Ortstafel aufgestellt, "wären wir sicher beim Abreißen dabei", sind sich alle Thekensteher sicher, während die Wirtin auf die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit pocht. Den St. Kanzianer Bürgermeister Thomas Krainz (SP) bringt das in eine Zwickmühle. Gefragt, ob er Abrissaktionen gutheißen würde, sagt er: "Was soll ich Ihnen da jetzt antworten?" Fest stehe jedenfalls: "Das man ihm das Slowenische draufdrücken will, das will der Kärntner nicht haben."

So lehnte man beispielsweise auch in Bleiburg in den 70er-Jahren eine Niederlassung des slowenischen Elektrounternehmens Gorenje ab. "Haltet mir von Kärnten fern Betriebe mit dem Tito-Stern", lautete damals die Parole des Kärntner Heimatdienstes. Heute steht der Betrieb in Oberösterreich und gibt 600 Menschen Arbeit. Bürgermeister Visotschnik bedauert: "Es tut mir Leid, dass die Ortstafeln die wahren Anliegen unserer Region verdecken. Nämlich Arbeitslosigkeit und Abwanderung." Und das alles wegen der Ortsbezeichnung "Pliberk", die in beiden Sprachen auf dem selben Wort fußt. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2006)