Sanlucar, Baikonur des 16. Jahrhunderts

Foto: Barbadillo

Während des Sherrybooms ...

Foto: Klaus Hackl

... gegründete Bodegas

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Osborne, Pedro Romero und Barbadillo

Foto: Klaus Hackl
Der erste Exportboom nach England setzte nach der Vermählung von Katharina von Aragonien mit Heinrich VIII ein, die in England als wichtige Sherrylobbistin fungierte. Als geniale Entscheidung stellte sich auch die am 13. September 1491 vom Herzog von Medina-Sidonia verfügte Steuerbefreiung für Weinexporte heraus.

Baikonur des 16. Jahrhunderts

Die Entdeckung Amerikas erwies sich als weiterer Glücksfall, starteten doch viele der Entdecker und Seefahrer von Sanlucar aus ihre Fahrten und versorgten sich dort mit Wein für die Reise – so erstand z.B. Magellan vor Antritt seiner Weltreise 417 Schläuche und 253 Fässer Sherry und gab dafür mehr Geld als für die mitgeführten Waffen aus!

Zudem genoss Wein das Privileg, bei Schiffen des Amerikahandels ein Drittel des Laderaums einnehmen zu dürfen, was die Seefahrer zu wichtigen Sherryexporteuren machte und den Wohlstand der Region weiter mehrte.

Fette Beute

Diese Lieferungen in die neuen Kolonien waren allerdings auch das Ziel unzähliger Piraten, die den erbeuteten Wein meist in England verhökerten. Die größte Beute machte Sir Frances Drake, der 1587 Cadiz angriff, um die spanische Armada zu zerstören und dabei unter anderem 3.000 Fässer Sherry erbeutete, die zu einem weiteren Sherryboom in England führten – im Nachhinein gesehen eine unbezahlbare Werbung.

Wie beliebt er am Hofe war, zeigt sich auch an der Empfehlung Königin Elizabeths I an den Grafen von Essex von Sherry als „den idealen Wein“. Zudem wurde Sherry damals auch als Rechnungseinheit und Zahlungsmittel verwendet. Die Engländer nannten ihn mittlerweile „Sack“, wahrscheinlich vom spanischen sacar – entnehmen. Sack diente als Gattungsbegriff, gab es doch auch Malaga und Canary Sack, der Sack aus Jerez galt aber als der beste.

Wobei dieses Produkt wohl nicht allzu viel mit dem zu tun gehabt haben dürfte, was wir heute als Sherry kennen, am ehesten vielleicht noch mit einem sehr jungen Oloroso – das Solerasystem in seiner heutigen Form war damals ja noch unbekannt und zu jener Zeit ließ man den „Sack“ auch nicht altern, das Ziel war vielmehr Frische und Stärke. Wahrscheinlich wuchs auch damals auf manchen Weinen (so der Alkoholgehalt zufälligerweise passte) die Florhefe, doch um ihre Stärken auszuspielen, braucht diese Zeit und Pflege – beides Dinge, die sie nicht bekam.

Der massive Anstieg des Konsum am königlichen Hof veranlasste König Jakob I schließlich zu drastischen Maßnahmen: So war fortan für seine Tafel der tägliche Konsum auf 12 Gallonen (48 Liter) beschränkt!

Einer der größten Sherryliebhaber jener Zeit war unbestritten William Shakespeare, der Sherry praktisch täglich in seiner „Stammkneipe“ genoss und ihn immer wieder in seinen Werken verewigte (unter anderem in Richard III, Heinrich VI, Die lustigen Weiber von Windsor....)

Englische Investoren und reiche Heimkehrer

Der anhaltende Erfolg veranlasste viele englische und irische Kaufleute sich fix in Jerez niederzulassen und in das lukrative Geschäft zu investieren. Viele der damals gegründeten Bodegas existieren heute noch, wenn auch nicht immer unter ihrem alten Namen und befinden sich teilweise noch in Familienbesitz. Einige noch heute bekannte sind: Pedro Domecq 1730 – gegründet von Juan Haurie, Garvey 1780, Sanchez Romate 1781, Zuleta 1791, Hidalgo 1792. Aber auch viele reich gewordene Auswanderer der Überseekolonien machten sich auf den Weg zurück in ihre alte Heimat – so z.B. 1821 Benigno Barbadillo, der die heute größte Bodega Sanlucars gründete.

Unter dem Druck der englischen Bodegasbesitzer senkte England 1825 die Importzölle, was bis 1840 zu einer Vervierfachung des Absatzes führte und in einem Exporthoch 1873 (damals machte Sherry 43 % des Gesamtweinimports in England aus) mit rund 100.000 Butts (a 500 Liter) aus dem Sherry Dreieck endete – diese Menge entspricht in etwa der heutigen Jahresproduktion! Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Anzahl der Bodegas, die sich in dieser Zeit auf rund 1.000 verdoppelte.

In jener Zeit entstanden auch die riesigen Lager- und Reifekeller in den Hafenstädten Sanlucar de Barrameda und Puerto de Santa Maria, da die Schiffslandungen damals ja nicht nach Fahrplan sondern nach Wind und Wetter stattfanden – sprich wer seinen Wein verkaufen wollte, musste in der Lage sein diesen just in time bereitzustellen.

Die Reblaus

Der Niedergang der blühenden Sherryindustrie kam in den nächsten 2 Jahrzehnten wie schon im Rest Europas mit dem Auftauchen der Reblaus in Malaga im Jahre 1875 – die Hoffnung, dass die hohen Berge zwischen Malaga und Jerez das Auftauchen in Jerez verhindern könnten, erwies sich als trügerisch: am 21. Juli 1894 traf sie in Jerez ein und zerstörte auch hier den Großteil der Weingärten.

Dazu kam, dass jene Länder, die schon früher von der Reblaus heimgesucht wurden und mittlerweile auf amerikanischen Unterlagsreben wieder ausgepflanzt hatten, innerhalb kürzester Zeit das entstandene Liefervakuum – zum Teil mit sherryähnlichen Weinen - auffüllten und dadurch die gesamte Sherryindustrie in den darauf folgenden Jahren in schwere Bedrängnis brachten.