Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: apa/epa
Vatikanstadt - Der Vatikanstaat hat weiterhin die statistisch höchste Kriminalitätsrate der Welt. So befasste sich die vatikanische Justiz im vergangenen Jahr mit 486 Zivil- und 472 Strafverfahren, betonte der Staatsanwalt des Vatikanstaates, Nicola Picardi, laut "Kathpress" bei der Eröffnung des Gerichtsjahres 2006.

Allerdings seien daran kaum die 492 Vatikanbürger als vielmehr die mehr als 20 Millionen Pilger und Besucher von Petersplatz, Petersdom und Vatikanischen Museen beteiligt, stellte Picardi klar. Meist handle es sich um Handtaschendiebstähle und andere Formen von Kleinkriminalität. Zugleich sei die Arbeit der vatikanischen Justiz durch neue Richtlinien und zusätzliches Personal im Jahr 2005 effizienter organisiert worden, betonte der Staatsanwalt.

Stärkung des Richters

Die Kriminalitätsrate errechnet sich aus dem Verhältnis der Straftaten zur Anzahl der Bürger. Gegenüber 2004 ist die Zahl der Zivilverfahren im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, die der Strafprozesse jedoch zurückgegangen, berichtete Picardi. Durch eine Stärkung der Institution des Einzelrichters konnte die Dauer der einzelnen Untersuchungen drastisch verkürzt werden; sie dauere aber immer noch zu lange.

Angesichts der neuen Formen des internationalen Terrorismus empfahl der Staatsanwalt einen Beitritt des Vatikans zum Schengen-Abkommen, wie er für die Nicht-EU-Staaten Island oder Norwegen geregelt wurde. Dabei gehe es nicht um die Abschaffung von Grenzkontrollen, sondern um einen intensiveren Informations- und Planungsaustausch über polizeiliche Erkenntnisse und Personenschutz.

Kein Verbrechen während Papstwahl

Während des Todes von Papst Johannes Paul II. und der Wahl seines Nachfolgers Benedikt XVI. im vergangenen April ist rund um den Petersdom kein einziges Verbrechen gemeldet worden. Nicola Picardi sprach bei der Vorlage seines Berichts am Freitag von einem außergewöhnlichen Phänomen. Normalerweise steige mit einem starken Zustrom von Pilgern auch die Kriminalität. Insbesondere würden dann viele Diebstähle gemeldet, aber auch Fälle von Fälschung, Betrug und Veruntreuung.

Dies war laut Picardi jedoch nicht der Fall in der Woche vom 2. bis zum 8. April, in der Johannes Paul starb, sowie in der Woche vom 18. bis zum 24. April, in der das Konklave zur Papstwahl tagte und der frühere Kardinal Joseph Ratzinger in sein neues Amt eingeführt wurde. Dagegen seien im Jahr 2004 insgesamt 149 Verbrechen registriert worden, was einer monatlichen Quote von 12,4 entspreche.

Bei der Verfolgung solcher Vergehen besteht dem Staatsanwalt zufolge das Problem, dass die Täter in der Regel auf italienisches Territorium flüchten. Dort aber dauerten Prozesse viel zu lange, während vor den Tribunalen des Vatikans im Durchschnitt binnen zehn Tagen entschieden werde. (APA)