Zwischen 100 und 200 Milliarden Nervenzellen verbinden sich im Gehirn eines Erwachsenen. Jede dieser Zellen kann bis zu zehntausend Verbindungen zu ihren Nachbarn knüpfen. In Sekundenbruchteilen rasen Reize als elektrische Impulse durch die Nervenbahnen und lösen an ihren Enden die Freisetzung von Botenstoffen aus. Andere Nervenzellen nehmen die Vermittler dann wieder auf.

Die reine Weiterleitung der Reize erfolgt über Glutamat. Für die Bewertung von Informationen und Emotionen braucht das menschliche Gehirn jedoch stärkere Stoffe: Für den Erfolg zum Beispiel das Dopamin, für die Tatkraft das Noradrenalin, zum Glücklichsein das Serotonin - und zwar in ausbalancierten Mengen.

Bei depressiven Menschen ist dieser Cocktail aus dem Gleichgewicht geraten. Vor allem Serotonin und Noradrenalin werden zu schnell von den angrenzenden Nervenzellen aufgenommen.

Die wirksamsten Medikamente gegen die Schwermut sind daher auch die so genannten Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (engl.: serotonin noradrenaline reuptake inhibitors, SNRI).

Diese Medikamente blockieren die Andockstellen der Botenstoffe an den Nervenzellen und sorgen schließlich dafür, dass die Angst und Missstimmung verarbeitenden Bereiche länger "in den Glücksvermittlern baden" und ganz neue Nervenverbindungen knüpfen, die den schadhaften Mangel ausgleichen. (eg/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16. 1. 2006)