Das Wissen um die Biologie im Kopf ist in den letzten fünf bis zehn Jahren sprunghaft gestiegen. Kaum eine andere medizinische Fachrichtung hat so von neuen Technologien profitiert wie die Neurologie. Dank der immer detailreicheren Bilder können Mediziner die Spuren, die Gedanken und Gefühle im Gehirn hinterlassen, lesen und sie bis auf Molekülebene nachverfolgen. Eine der wichtigsten Entwicklungen ist die funktionelle Magnetresonanz-Tomografie (fMRT): Mithilfe eines Magnetfeldes kann der Sauerstoffverbrauch - und damit die Aktivität - in den Hirnarealen gemessen werden.

An der Uniklinik Innsbruck untersuchen Margarete Delazer, Anja Ischebeck und Thomas Benke, welche Prozesse im Gehirn ablaufen, wenn es lernt. Das Gehirn lerne immer, es könne gar nicht anders, postulierte einst Manfred Spitzer von der Uniklinik Ulm. Direkt nach der Geburt fangen die Nervenzellen an zu sprießen und suchen sich immer neue Kontakte zu ihren Nachbarn. Zwar lässt die Intensität irgendwann nach, doch so ganz hört das Gehirn nie auf, neue Verknüpfungen zu bilden. "Nervenzellen sind wie Menschen - sie müssen kommunizieren, sonst sterben sie", sagt Anna-Katharina Braun vom Leibniz-Institut für Hirnforschung in Magdeburg. Doch bei der Kontaktaufnahme geht alles geordnet zu. Jede Aufgabe hat ihren eigenen Bereich: So ist in der linken Hirnhälfte das Sprachvermögen angesiedelt, während die rechte Hemisphäre für abstrakte Inhalte und visuell-räumliches Denken zuständig ist.

Zu welcher Kategorie aber zählt das Rechnen? "Während die Sprachumsetzung im Gehirn recht gut erforscht ist, weiß man vergleichsweise wenig darüber, welche Bereiche im Gehirn beim Lösen mathematischer Aufgaben angeregt werden", sagt Delazer. Daher ließen sie und ihre Mitarbeiter Versuchspersonen Aufgaben verschiedener Grundrechenarten bearbeiten, während sie ihre Hirnaktivität aufzeichneten.

"Es zeigt sich, dass Rechenoperationen ganz unterschiedliche Anforderungen an das Gehirn stellen." So werden beim Multiplizieren genau jene Hirnregionen angeregt, die auch beim Auswendiglernen genutzt werden. Hingegen erfordern Subtraktionsaufgaben aber auch das Schätzen von Mengen Leistungen aus dem Zentrum für abstraktes Denken.

Die Ergebnisse helfen, die funktionelle Magnetresonanz-Tomografie künftig vermehrt für die Diagnose einzusetzen. (eg/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16. 1. 2006)