Fernsehen ist nicht zum Zuschauen, wie ein hartnäckiges und von Harald Schmidt widerlegtes Vorurteil besagt, sondern zum Dagegenreden und Besserwissen. Wie das Wirtschaftsministerium nicht dazu da ist, die Zahl der Arbeitsplätze zu erhöhen, sondern von deren steigendem Mangel abzulenken. Das Gesundheitsministerium nähert sich ja auch nicht den Tatsachen, dass laut einer Untersuchung des Instituts für Höhere Studien der in Österreich betriebene Fußballsport dem Gesundheitssystem beispielsweise dank "großartigem Herz-Kreislauf-Training" jährlich 77 Millionen Euro erspart. Die Gesundheitspolitik dient hauptsächlich den Geschäften des extrem profitträchtigen Krankheitsbehandlungssektors. Das stellte schon vor Jahrzehnten einer der vifsten Trainer aller Zeiten fest, die Österreich je hervorbrachte: Baldur Preiml.

Die Spitzensportförderung wurde zwar erheblich angehoben, der Breiten-und Gesundheitssport freilich wird nicht nur nicht nachhaltig ausgebaut, er wird von der Politik sogar eklatant ignoriert. Man nehme nur die Aushöhlung des Bewegungsunterrichts in der Schule unter Ministerin Elisabeth Gehrer. Die Ottoman-Erdäpfel-Sportdisziplin während Skirennen gewinnt Anhänger, das Freizeitsporttreiben des Bürgers aber wird von Versicherungen mit Regierungsnicken als gefährlich und für die Volkwirtschaft schädlich gebrandmarkt.

Die nächste Abzocke, die obligate Freizeitsportversicherung, rückt näher. Wer sie vermeiden will, beschränkt sich bewegungsmäßig besser auf die Fernsteuerung. Fernsehen wäre dann nicht mehr einem Vorurteil zufolge der Ersatz, sondern der Vollzug des Sports. Inklusive Versicherungsbonus. (DER STANDARD, Printausgabe, Montag, 16. Jänner 2006, Johann Skocek)