Belgrad - Der jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic soll nach Angaben eines seiner früheren Berater "ernsthaft" seinen Rücktritt überlegen. Er versuche, dies auf die für ihn rationellste Weise zu tun, erklärte Zvonimir Trajkovic gegenüber der Tageszeitung "Danas". Trajkovic, ein Kosovo-Serbe, war zwischen 1990 und 1993 Berater des damaligen serbischen Präsidenten. Anschließend beriet er bis 1997 auch den bosnisch-serbischen Führer Radovan Karadzic. Der jugoslawische Staatschef müsse "seinen Putin finden",... und ihn verpflichten, ihn (Milosevic) vor Racheakten oder dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu schützen. "Solche Garantien muss Milosevic hier finden, dies können ihm die Amerikaner nicht zusichern", präzisierte Trajkovic. Er sagt, dass dem jugoslawischen Staatschef bewusst sei, dass die Repression den Volkswillen, der einen Regimewechsel wünsche, nicht aufhalten könne. Einen Bürgerkrieg in Serbien schloss der Ex-Berater jedoch aus. Milosevic verfüge über keine Anhängerschaft. Die Polizei und das Militär würden seiner Ansicht nach nicht auf das Volk schießen, sollte es zu massiven Protesten gegen das Regime kommen. Die Lösung der aktuellen Situation sieht Trajkovic nicht in Wahlen, da diese die "Opposition angesichts des Wahlgesetzes verlieren" würde. "Eine Aktion, die das Problem mit Gewissheit lösen würde, wäre ein ganz Serbien erfassender Protest". Die Stimmung dafür sei im Volk gegeben, meint Trajkovic. Der Maschinenbauingenieur hatte den jugoslawischen Staatschef bereits Mitte April einmal öffentlich zum Rücktritt aufgefordert. Trajkovic behauptet, seit Jahren keine Kontakte zu Milosevic zu unterhalten. Seine neulichen Medienauftritte werden in der Öffentlichkeit dennoch als Signale aufgefasst, die von Milosevic ausgehen dürften. Die vorgeschlagene "Suche nach Putin" dürfte eine Falle für die serbischen Oppositionsführer sein. So Mancher würde sich sicher gerne in der "Rolle Putins" sehen, was die mühsam verdrängten wechselseitigen Rivalitäten neu aufleben lassen würde. Für das Regime ist der ursprünglich als regimekritischer Studentenverband gebildete "Otpor", der nun auch andere Bevölkerungsschichten anspricht, bedeutend gefährlicher. Dies erklärt auch die Intensität, mit der die Polizei "Otpor"-Aktivitäten zu unterbinden versucht. Seit kurzem werden "Optor"-Aktivisten immer häufiger von Schlägertrupps attackiert. (APA)