13.000 Objekte wurden bis 1949 zurückgegeben
Wie viele Kunstwerke jüdischer Bürger in der NS-Zeit insgesamt beschlagnahmt wurden, weiß heute niemand. Bis 1949 wurden jedenfalls 13.000 Objekte an ihre rechtmäßigen Eigner oder deren Nachkommen zurück gegeben, sofern sie sich aktiv darum bemühten. Nach 1954 wurden für die Restitution von Kunst- und Kulturgütern sieben Rückstellungsgesetze, zwei Kunst- und Kulturbereinigungsgesetze sowie eine Gesetzesnovelle verabschiedet. Auf Grund des Ausfuhrverbotsgesetzes der Republik Österreich kam es aber immer wieder zu umstrittenen Entscheidungen und "Abtauschgeschäften", wodurch sich legal zwar korrekte, aber moralisch fragwürdige Eigentumsverhältnisse ergaben.
"Mauerbach-Auktion" von 1996 war als abschließende Geste gedacht
1996 erfolgte die "Mauerbach-Auktion", gedacht als große und abschließende Geste der österreichischen Rückstellungs- und Entschädigungspolitik (Anm.: in der Kartause Mauerbach, Niederösterreich, lagerten tausende vermeintlich "herrenlose" Kunstgegenstände der Republik Österreich), der ein Symposium voranging, das erstmals Restitution unter verschiedenen Einzelaspekten thematisierte. Die Kunstschätze waren 1995 der jüdischen Gemeinde übergeben worden.
Bei der vom Auktionshaus Christie's durchgeführten Versteigerung von 8.000 Exponaten zu Gunsten der Opfer der Diebstähle wurden 155 Millionen Schilling erzielt. Im Zuge des Symposiums vollzog sich ein öffentlicher Bewusstseinswandel der Problematik, und man erkannte, dass Provenienzforschung in Zusammenhang mit Kunst-Restitution unerlässlich ist.
1998: Beschlagnahmung von Schiele-Bildern als Diebesgut" --> Akuter Handlungsbedarf
Akuter Handlungsbedarf der Bundesregierung ergab sich 1998, als zwei Bilder von Egon Schiele ("Bildnis Wally" und "Tote Stadt III") aus der Sammlung Leopold unmittelbar nach der großen Ausstellung "Egon Schiele: The Leopold Collection, Vienna" im Museum of Modern Art (MoMa) in New York als "Diebesgut" beschlagnahmt wurden. Dem voran ging ein Artikel in der "New York Times", der von Bildern der Sammlung "mit schwieriger Vergangenheit" sprach und sich auf Angaben von Vorbesitzern berief. Während "Tote Stadt III" im Jahr darauf in den Besitz des Leopold Museum zurück ging, blieb "Bildnis Wally" in New York in Verwahrung und wurde eine strafrechtliche Voruntersuchung eingeleitet.
"Wally" harrt in New Yorker Depot auf weitere Entscheidungen
Dem Antrag der Leopold Stiftung auf Abweisung des Verfahrens war zwar im Juli 2000 stattgegeben worden, im Dezember entschied der zuständige Bundesrichter Michael B. Mukasey allerdings, dass die US-Regierung ihre Bemühungen um den Fall des Bildes fortsetzen kann. Hier handle es sich eben nicht um ein "gewöhnliches Verfahren", hatte der Richter gemeint, es gehe vielmehr um grundsätzliche Fragen im Zusammenhang mit der Rückgabe der von den Nazis gestohlenen Güter. Das "Bildnis Wally" befindet sich nach wie vor in einem New Yorker Depot.
Herbst 1998: Kommission für Provenienzforschung eingerichtet
Im Herbst 1998 setzte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) eine Kommission für Provenienzforschung ein, die die Bestände der Bundesmuseen systematisch erforschen sollte. Im November 1998 beschloss der Nationalrat das so genannte "Beutekunst"-Restitutionsgesetz (Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen) als gesetzliche Grundlage für die Rückgabe von Kunstgegenständen, die im Zuge oder als Folge der NS-Zeit in österreichische Bundesmuseen gelangt sind. Mehrere Bundesländer folgten und verabschiedeten entsprechende Landesgesetze.
Rückgabe von bisher 4.170 Objekten nach Restitutionsgesetz von 1998
Auf Bundesebene prüft seither der Restitutionsbeirat (bestehend aus je einem Vertreter des Wirtschafts-, Justiz-, Bildungsministeriums, einem Vertreter der Finanzprokuratur, einem Historiker, einem Kunsthistoriker) die Provenienz und spricht Empfehlungen zur Rückgabe aus. Die laut Bundesministerium letzte verfügbare Zahl: Mit Stichtag 24.11. 2004 waren 4.176 Kunstgegenstände zurück gegeben worden. Übereignet wurden u.a. Gemälde von Klimt, Daffinger, Schwind, Alt, Spitzweg, Hanak und Faistauer, diverse Kunstgegenstände, Druckschriften und Bücher, u.a. von Mackay und Schopenhauer, antike Amphoren und Einrichtungsgegenstände aus verschiedensten Epochen, das berühmte Altarflügelbild des Meisters der Veitslegende, antike Keramiken, chinesische Vasen. Den Erben Bernhard Altmanns wurde Gustav Klimts "Bildnis einer Dame" aus der Österreichischen Galerie Belvedere restituiert.
Während die Stiftung Leopold nicht vom Restitutionsgesetz erfasst wird (was zu mancher Kritik Anlass gab) und auch das Dorotheum noch an einem eigenen Historikerbericht arbeitet, hat die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) im Dezember 2003 ihren eigenen Provenienzbericht vorgelegt, nach dem annähernd 26.000 Objekte als unrechtmäßiges Eigentum der österreichischen Nation zu bewerten sein könnten. Die Erben des sozialdemokratischen Abgeordneten Wilhelm Ellenbogen erhielten dessen private Bibliothek mit Werken u. a. von Lassalle, Luxemburg, Bebel, Renner, Marx, Danneberg, Cocteau zurück.
1999: Sammlung Rothschild als bisher spektakulärste Rückgabe
Als am spektakulärsten galt bisher die Rückgabe von Kunstwerken der legendären Sammlung Rothschild. 1999 empfahl der Beirat in seinem ersten Bericht die Rückstellung von rund 250 Kunstgütern aus den Sammlungen Clarice und Louis Rothschild. Unter den Objekten befanden sich 22 Gemälde aus dem Kunsthistorischen Museum (darunter drei Gemälde von Frans Hals), aus der Sammlung alter Musikinstrumente des Museums vier Objekte, 36 aus der Waffenkammer, 41 aus der Kunstkammer (Himmelsgloben, Astrolabs u.a.) sowie 16 aus dem Münzkabinett. Von elf Kunstwerken (neun Gemälden und zwei Bleireliefs) musste sich die Österreichische Galerie trennen.
Spektakulärer Erläs bei Christie's Auktion
Aus der Graphischen Sammlung Albertina wurden 38 Kunstwerke (u.a. von Rudolf von Alt) zurückgegeben, aus der Österreichischen Nationalbibliothek ein flämischen Stundenbuch von 1510, aus dem Heeresgeschichtlichen Museum sechs Objekte (u.a. zwei Kavalleriestandarten). Mit 73 Katalognummern ist das Museum für angewandte Kunst (MAK) auf der Rothschild-Restitutionsliste vertreten, das damit praktisch seinen gesamten Bestand an französischen Möbel verlor. Die spektakuläre Auktion der zurückerstatten Werke im Juli 1999 brachte bei Christie's in London den höchsten in Europa jemals für eine einzige Sammlung erzielten Erlös von damals 1,2 Milliarden Schilling.
Bisher sechs "Restitutionsberichte"