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Die Gründungsdynamik sei größer ist als die Insolvenzdynamik, sagt WK-Präsident Leitl.

Foto: Reuters/Föger
Wien - 2005 wurden in Österreich 33.600 Unternehmen neu gegründet, 31.600 davon waren so genannte "nachhaltige" Gründungen mit einer Lebensdauer von mehr als sechs Monaten. Damit hat die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) ihr Ziel übertroffen, zeigte sich WKÖ-Präsident Christoph Leitl am Dienstag bei einer Pressekonferenz erfreut. Neue Unternehmen schaffen nach einer Hochrechnung der WKÖ hier zu Lande um 70.000 Jobs mehr pro Jahr als durch Insolvenzen verloren gehen.

Mit dem neuen Gründungsrekord im vergangenen Jahr sind um ein Drittel mehr Betriebe entstanden als noch im Jahr 2000, so der WKÖ-Präsident. Damit habe sich der Gründungs-Aspekt - laut Leitl einer der "Kernpunkte" in der WKÖ - als Erfolg erwiesen. Nach dem Motto "mehr Mut statt Frust" sei es Österreich gelungen, "Weltmeister bei den Neugründungen" zu werden. Wie Daten der OECD zeigen, ist in Österreich die Zahl der Selbstständigen mit plus 19,2 Prozent im Vergleich der Jahre 2000 bis 2004 am schnellsten gewachsen.

Positiv sei vor allem, dass die "Gründungsdynamik größer ist als die Insolvenzdynamik", betonte Leitl. So habe es in den vergangenen zehn Jahren um 41 Prozent mehr Insolvenzen gegeben, jedoch um 123 Prozent mehr Unternehmensneugründungen. Laut KSV stirbt alle 17 Minuten ein Unternehmen (auf Basis einer 40-Stunden-Woche), alle 5 Minuten gibt es aber einen neuen Betrieb, ergänzte Leitl.

Anreize für Jungunternehmen

Damit diese Dynamik auch in Zukunft anhält, will die WKÖ Anreize für Jungunternehmer in Form von geringeren Lohnnebenkosten sowie einem Ausbau der sozialen Sicherheit verwirklicht sehen. Wenn ein junger Betrieb Mitarbeiter einsetze, sei dies mit einem hohen Risiko verbunden. Leitl schlägt daher vor, die Lohnnebenkosten in den ersten drei Jahren eines Unternehmens "deutlich von 10 Prozent aufwärts" zu senken.

Die Unternehmens-Neugründungen ziehen sich durch alle Sparten, was eine "gesunde Entwicklung" sei, so Leitl. Im Gewerbe und Handwerk gab es mit einem Anteil von 31,7 Prozent die meisten "Unternehmensgeburten", gefolgt vom Handel mit 29,7 Prozent und dem Bereich Information und Consulting mit 22,9 Prozent. Im Tourismus und der Freizeitwirtschaft sind 9,6 Prozent der neuen Betriebe entstanden, im Sektor Transport und Verkehr 4,9 Prozent und in Industrie, Banken und Versicherungen zusammen 1,1 Prozent.

Überwiegend Einzelunternehmen

81 Prozent der Neugründungen sind Einzelunternehmen, 11 Prozent GmbHs und 6 Prozent Personengesellschaften. Diese Aufteilung sei von der Gesamtschichtung der Wirtschaftskammer nicht weit entfernt, betonte Leitl. Zudem seien 35,1 Prozent der Gründungen von Frauen gewesen, freute sich der Präsident, der aber Damen auch weiterhin ermutigen wolle, in die Selbstständigkeit zu gehen. Als nächsten Schritt wolle man die Marke von 40 Prozent erreichen.

Die meisten Neugründungen gab es in Wien, gefolgt von Niederösterreich und Oberösterreich. Die Mehrheit der Neugründer war zwischen 30 und 40 Jahren - also "nicht zu jung und nicht zu alt", meinte Leitl. Nur 8 Prozent der Neugründungen seien auf Grund von Arbeitslosigkeit zur Selbstständigkeit gekommen, hieß es.

SPÖ und ÖGB relativieren Rekord bei Neugründungen

SPÖ und ÖGB zeigten sich zwar erfreut, dass Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl die soziale Sicherheit bei Selbstständigen ausbauen wolle, die Rekord-Gründerbilanz wollen sie relativiert sehen, geht aus Aussendungen von Dienstag hervor. 80 Prozent der Neugründungen seien Einzelpersonenunternehmen und den Großteil davon machen letztlich atypische Beschäftigungsverhältnisse aus, hieß es.

Diese atypisch Beschäftigten seien für ein bis zwei Arbeitgeber tätig und verrichteten Arbeiten, für die sie noch vor wenigen Jahren in ein Dienstverhältnis genommen worden wären, erläuterte SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter. Sieht man von diesen atypischen Beschäftigungsverhältnissen ab, sehe die Welt der Klein- und Mittelbetriebe "leider nicht so rosig" aus, so Matznetter.

Begrüßt wurde dagegen der Vorstoß von Leitl, den Faktor Arbeit zu entlasten und mehr für die soziale Absicherung der Jungunternehmer und der Einpersonen-Unternehmen zu tun.

Unfreiwillige Selbstständige

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) räumte ein, dass viele Einzelunternehmer unfreiwillig als Selbstständige arbeiten. Rund die Hälfte der atypisch Beschäftigten haben klassische Umgehungsverträge, schätzt Elisabeth Rolzhauser, die Leiterin der flexpower-Beratung des ÖGB. Das heiße, obwohl die Beschäftigten klassische Arbeitnehmer-Tätigkeiten ausüben, biete ihnen das Unternehmen nur einen Werkvertrag an.

Eines der größten Problemfelder für Selbstständige und freie Dienstnehmer sei die fehlende Absicherung im Fall der Arbeitslosigkeit, so der ÖGB: "Seit Jahren wird über den Einbezug in die Arbeitslosenversicherung diskutiert, eine Regelung dazu gibt es aber bisher nicht", kritisierte Rolzhauser. Sie fordere den den zuständigen Arbeitsminister Martin Bartenstein daher auf, für den verpflichtenden Einbezug der beiden Beschäftigtengruppen in die Arbeitslosenversicherung zu sorgen. Ausständig sei auch die finanzielle Absicherung im Krankheitsfall. (APA)