Berlin - Österreich und Deutschland werden in enger Abstimmung das Problem der Übergangsfristen der Arbeitnehmerfreizügigkeit angehen. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sagte am Dienstag in Berlin nach einem Gespräch mit dem deutschen Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD), beide Länder seien als Anrainerstaaten zu den neuen EU-Mitgliedsländern gleichermaßen betroffen und werden daher bei der Verlängerung der dreijährigen Übergangsfrist für den Zugang von Dienstnehmern gemeinsam vorgehen.

"Beide Länder brauchen diese Initiative", betonte Bartenstein nach seinem Termin mit Müntefering vor Journalisten. Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt - leicht, aber stetig steigende Arbeitslosenzahlen - bedinge diese Maßnahme. "Der Druck auf den europäischen Arbeitsmarkt der Fünfzehn ist deutlich größer als im EU der Zehn."

Österreich und Deutschland seien wegen der Grenznähe zu den neuen Mitgliedsstaaten und wegen der Gefahr des Lohndumpings "eine natürliche Interessengemeinschaft".

Österreich und Deutschland werden demnach zeitgerecht vor dem 1. Mai die Kommission von der Inanspruchnahme der Übergangsfristen benachrichtigen.

Beim Thema Arbeitszeitrichtlinie gebe es während der österreichischen Präsidentschaft zwei wichtige strittige Punkte zu lösen, so Bartenstein. Er habe dazu Müntefering einige Kompromissvorschläge vorgelegt und werde versuchen, einen Konsens in den Fragen des Opt Out zu erzielen sowie in der Frage, ob Höchstarbeitszeitgrenzen pro Arbeitnehmer oder pro Arbeitsvertrag zu gelten haben.

Weltklasse an Flexibilität

Unmittelbar vor dem informellen Rat für Beschäftigung und Soziales - er findet von Donnerstag bis Samstag in Villach statt - betonte Bartenstein, wer von den Arbeitnehmern Weltklasse in Sachen Flexibilität verlange, müsse ihnen auch Weltklasse an Sicherheit bieten.

Bartenstein war Festredner beim Neujahrsempfang der Deutschen Telekom in Berlin. Er stellte nicht nur die Schwerpunkte der österreichischen Präsidentschaft vor und das Krisenmanagement in Sachen Gas (Russland, Ukraine) und Atom (Iran), sondern sorgte sich ausdrücklich um die Zukunft der Globalisierung, die fast überall nur noch negativ besetzt sei. Die Schwächen de europäischen Sozialsysteme hätten jedenfalls nichts mit der Globalisierung zu tun.

Bartenstein äußerte sich in Berlin auch zur anhaltend schlechten Stimmung in Deutschland. Die Stimmung sei zuletzt schlechter gewesen als die Lage. "Wenn sich die Stimmung nun der Lage realistisch anpasst, wäre das schon ein Gewinn", meinte Bartenstein. "Deutschland ist noch nicht auf der Überholspur, aber es hat den Blinker schon draußen." Es sei wichtig, dass die Stimmung in Deutschland umschlage. Österreich werde es schnell spüren, wenn in Deutschland die Binnennachfrage endlich wieder anziehe. (APA)