Wien - Als Schriftsteller, Psychologe, Politiker und Philosoph war er bekannt, Eugene Ionesco bezeichnete ihn dazu als "wahren Menschenfreund" - die Rede ist von Manès Sperber, dessen Geburtstag sich am 12. Dezember des vergangenen Jahres zum 100. Male gejährt hätte. Das Jüdische Museum Wien widmet ihm nun eine umfassende Ausstellung unter dem Titel "Die Analyse der Tyrannis".

Preisverleihung

Am Mittwochvormittag verliehen Bundespräsident Heinz Fischer und Kunststaatssekretär Franz Morak zur Eröffnung der Schau den mit 7.300 Euro dotierten Manès-Sperber-Preis an den Schriftsteller Karl-Markus Gauß.

Der 1985 gestiftete Manes Sperber-Preis soll in Kooperation mit der Manes-Sperber-Gesellschaft in Zukunft in unregelmäßigen Abständen, zumindest aber im Fünf-Jahres-Rhythmus, vergeben werden. Frühere Preisträger waren u.a. Siegfried Lenz, Claudio Magris, Albert Drach, Ilse Aichinger, Fritz Habeck, Michael Köhlmeier, Rith Beckermann und David Grossmann.

Würdigende Worte

Mirjana Stancic, die mit Marcus G. Patka die Ausstellung kuratierte, bezeichnete Sperber bei der Präsentation als "eine der faszinierendste Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts", deren Leben und Werk eng miteinander verwoben war. Tatsächlich liest sich der Lebenslauf von Manès Sperber wie ein Roman: Flucht aus Galizien im Alter von zwölf Jahren, erster Roman mit 19, Schüler des Individualpsychologen Alfred Adler in Wien, Eintritt bei der kommunistischen Partei in Berlin 1927, kurze Haft 1933, Weltkriegs-Exil in Paris, dort Niederschrift der weltbekannten Trilogie "Wie eine Träne im Ozean".

Bevor Sperber 1984 starb, erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Georg Büchner-Preis, den Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur und den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Als "eine Mischform von thematischer und autobiografischer Ausstellung" bezeichnete Patka die Schau, die entlang der "großen Brüche" im Leben des zwar jüdischen, aber areligiösen Intellektuellen konzipiert sei. Vor allem der Bruch mit Adler und der Austritt aus der kommunistischen Partei 1937 seien hier spannend.

"Homo politicus"

Zentral sind die großen Veröffentlichungen Sperbers, etwa die bestechende "Analyse der Tyrannis", in der er schon 1938 ein Bekenntnis zum sozialen Handeln ablegte. Dieses Werk des "Homo politicus" sei gerade auch in der gegenwärtigen Lage "aktueller denn je", betonte Stancic. Sie fungierte gleichzeitig auch als Mitherausgeberin eines autobiografischen Fotobandes, der die Ausstellung begleiten soll.(APA)