Kuwait Stadt/Kairo – Nach dem Tod von Emir Scheich Jaber al-Ahmed al-Sabah lobten Kuwaits Medien einhellig den reibungslosen Machttransfer und betonten, an der Politik des Emirates werde sich nichts ändern. Die beiden Grundpfeiler der kuwaitischen Politik bilden die Versorgung der internationalen Ölmärkte und die enge Anbindung an die USA mit einem Verteidigungsabkommen und der Stationierung von 30.000 US-Soldaten.

Mit dem neuen Emir Scheich Saad steht ein 76-jähriger Mann an der Staatsspitze, dessen Gesundheit ebenfalls schwer angeschlagen ist. Er trägt zwar diesen Titel, die Geschäfte führt aber, wie schon seit vier Jahren, Regierungschef Scheich Sabah al-Ahmad al-Sabah. Damit wird ein Streit im Haus der Sabah umgangen. Denn traditionell wechselt die Staatsführung zwischen den beiden Zweigen der Familie, den al-Jaber und den al-Salem. Laut Verfassung hat der Emir ein Jahr Zeit, um einen neuen Kronprinzen zu bestimmen. Scheich Sabah, obwohl bereits 75 Jahre alt, gilt als Favorit für diese Wahl.

Scheich Sabah hat politische und wirtschaftliche Reformen versprochen. Die kommen aber nur langsam voran. Der hohe Ölpreis wirkt dämpfend auf den Reformdruck. 90 Prozent der Arbeitsplätze bietet immer noch die Regierung an, und Kuwait kann sich den Sozialstaat, der von der Wiege bis zur Bahre für seine Bürger aufkommt, immer noch leisten. In den vergangenen Monaten hat die Opposition im Parlament aber lautstark nach höheren Direktzahlungen für alle Kuwaitis aus der prall gefüllten Ölkasse gefordert.

44 Milliarden Dollar will der Ölstaat, der über ein Zehntel der weltweiten Ölreserven verfügt, in den nächsten 15 Jahren in die Ölindustrie pumpen, um die eigene Förderung von 2,7 auf vier Millionen Barrel pro Tag zu erhöhen. In den kommenden Tagen sollte das Parlament ein Projekt absegnen, das internationalen Multis ermöglicht, vier neue Ölfelder zu entwickeln. Oppositionelle Abgeordnete kritisieren, damit bekämen ausländische Firmen die Kontrolle über den kuwaitischen Ölreichtum.

Absolute Macht

Politisch wird sich nichts an der absoluten Macht des Hauses Sabah ändern. Das 50-köpfige Parlament, das von Konservativen dominiert wird, ist für die Regierung aber oft ein unbequemer Gegner. Nach mehreren Anläufen haben die Abgeordneten 2005 endlich einem Gesetz zugestimmt, das auch den Frauen das Wahlrecht einräumt. Dieses Recht können sie 2007 erstmals ausüben, dann wird auch die schiitische Minderheit für eine gerechtere Vertretung kämpfen. Etwa ein Drittel der kuwaitischen Bevölkerung sind Schiiten. Sie sind im Parlament aber stark untervertreten und stellen auch nur einen Minister. Seit der Machtübernahme der Schiiten im benachbarten Irak treten auch die Schiiten in Kuwait selbstbewusster auf, was zu ersten Spannungen mit der sunnitischen Mehrheit geführt hat.

Saddams Sturz hat in Kuwait einen gewaltigen Boom ausgelöst, die hohe US-Präsenz im Land schürt aber auch den radikalen Islam. Die Polizei geht rigoros gegen Verdächtige vor und hat ein Netzwerk aufgedeckt, dessen Drahtzieher Jugendliche zum Kampf im Irak mobilisiert haben. Erst vor zehn Tagen sprach ein Gericht sechs Todesurteile aus. Die Verurteilten gehören zu einer Gruppe der Al-Kaida-Organisation. Sie sollen für Anschläge gegen kuwaitische und US-Streitkräfte verantwortlich sein. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.1.2006)