Ein gewaltiger, aufgeblasener Wal im Angesicht des Steffls. Auch diese Vertreter der Schöpfung gelte es zu schützen, argumentiert Greenpeace. Die Aktion durfte keine Veranstaltung sein - also wurde sie eine Demo.

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Wien - Die Leute von Greenpeace fühlten sich regelrecht torpediert. Nicht jene, die derzeit im Südpolarmeer gegen die japanischen Walfang-Aktionen protestieren - denn die waren dieser Tage vielmehr fast harpuniert worden; das von einem Walfangschiff abgefeuerte Geschoß verfehlte einen Aktivisten nur knapp.

Besagter Torpedo kam hingegen aus der Wiener City-Bezirksvorstehung im Alten Rathaus: Bei der Begehung für eine geplante Walveranstaltung erklärte der Bezirksvertreter, dass diese nicht genehmigt werde. Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel teilte Greenpeace mit, sie werde bei Veranstaltungen auf dem Stephansplatz künftig "sehr einschränkend vorgehen". Denn: "Der Platz um den Dom ist auch ein spiritueller Raum. Nicht jede Info-Veranstaltung muss ausgerechnet am Stephansplatz stattfinden."

Was für eine Organisation wie Greenpeace kaum ein Hindernis darstellt: Sie mussten nicht einmal aktionistisch vorgehen, sondern meldeten das Ganze einfach als Demonstration an, die von der Polizei zu genehmigen ist. Schon konnte Dienstagvormittag der große Wal aufgeblasen werden. Das nannte Stenzel dann noch "Missbrauch des Demonstrationsrechts."

Die Aktion fand dann ohnehin auf dem Stock-im-Eisen-Platz statt, der ja stadthistorisch gesehen ein vollkommen anderes Pflaster als der Stephansplatz ist. Dort konnte man sein Gesicht in einem Walaktions-Plakat ablichten lassen und als "Meeresschützer" unterschreiben.

Allerdings hatten Stenzels Aussagen die Umweltschützer weiter inspiriert: Sie wolle "nur mehr Veranstaltungen zulassen, die in irgendeiner Form mit dem Ort in Verbindung stehen oder auf diesen Rücksicht nehmen".

Kein Problem, so die Reaktion bei Greenpeace: Auch Wale sind schließlich Geschöpfe Gottes. Nämlich gewaltige Zeugen seines Schaffens. Und: Was wäre schon Jonas ohne Wal? Daher eine Anfrage bei Dompfarrer Toni Faber, ob er nicht Meeresschützer werden wolle. Der weile leider im Ausland, hieß es - aber Stellvertreter und Büromitarbeiter würden gerne im Laufe des Tages unterschreiben kommen.

Nach all dem ließ am Dienstag Frau Stenzel zuletzt noch ausrichten, dass es sich bei der ganzen Angelegenheit doch nur um ein einziges riesiges Missverständnis gehandelt habe. Daraufhin noch eine Greenpeace-Anfrage, ob auch sie vielleicht Meeresschützerin werden wolle. Die Bezirksvorsteherin weile gerade in Brüssel, hieß es. Aber ihre Sprecherin habe erklärt, sie werde gerne vorbei kommen. Als Erkennungszeichen habe sie - so berichten die Umweltschützer - angegeben: Sie komme im Pelzmantel. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, Print, 18.1.2006)