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"Das perfekte Rennen gibt es nicht"

Foto: APA/McIntosh
Kitzbühel - Daron Rahlves (32) fährt in seiner letzten Saison in der Form seines Lebens. Nach Beaver Creek, Bormio und Wengen sowie dem angepeilten Olympia-Gold in Turin will der 32-jährige US-Amerikaner auch noch in Kitzbühel gewinnen. Rahlves wird am Saisonende zurücktreten. In Kitzbühel erlaubte der kalifornische Held einen Blick hinter seine persönlichen Kulissen.

Sie kommen aus der Gegend um Lake Tahoe. Warum kommen so viele Extremsportler von dort?

Rahlves: "Es ist die Landschaft, die unglaubliche Natur. Du bist automatisch mit dem Sport verbunden. Und es gibt eine Menge extremer Typen dort, die den Thrill lieben und dich ständig fordern. Das hebt den Level. In Europa rennen sie alle ins Fitness Center. Ich gehe in der Früh Wakeboarden und am Nachmittag Motorrad-Fahren."

Bode Miller hat mit seinen Alko-Sprüchen für Aufsehen gesorgt. Ihre Meinung?

Rahlves: "Jeder trinkt mal ein Bier. In der Freeski-Szene ist sicher jeden Tag Party. Bei uns geht das aber nicht. Das ganze mit Bode ist ziemlich aus dem Ruder gelaufen. Es klang, als ob er eine Wodkaflasche leert bevor er startet."

Hatten Sie selbst schon mal einen Ausrutscher?

Rahlves: "Zumindest bei keinem wichtigen Rennen. Bei den US-Meisterschaften vielleicht mal. Aber das war harmlos. Bode wollte nie sagen, dass er betrunken Rennen gefahren ist. Da wurde echt etwas durcheinander gebracht. Bode redet gerne und viel, manchmal übertreibt er dann halt."

Werden Sie tatsächlich nach dieser Saison zurücktreten?

Rahlves: "Ich denke schon. Ich will nicht mehr dieses egoistische Leben führen. Mein Traum war immer eine Familie. Meine Frau Michelle muss sich seit Jahren nach mir richten. Sie macht mir aber keinen Druck. Es ist das, was ich jetzt auch will."

Und wenn sie jetzt Bilanz ziehen müssten?

Rahlves: "Skifahren hat mir viel gegeben. Ich musste hart arbeiten, um dort zu sein, wo ich bin. Es fühlt sich gut an, dafür belohnt zu werden. Der Beste zu sein, erfordert die volle Hingabe. Ich versuche immer, der beste Daron zu sein, den es am Rennhang gibt."

Der Rücktritt beflügelt Sie offensichtlich. Sie fahren in der Form ihres Lebens.

Rahlves: "Ein Rücktritt bringt dich in eine Extremsituation. Du hast plötzlich irren Druck, aber auch einen schärferen Fokus. Das letzte Mal Wengen, das letzte Mal Kitzbühel. Du hast jeweils nur noch genau eine Chance zu gewinnen. Das kitzelt die letzten Reserven aus mir heraus."

Mit welcher Einstellung wollen Sie nun ihre Mission in Kitz und Sestriere vollenden?

Rahlves: "Nachdem ich Weltmeister war, dachte ich, ich gewinne jetzt auch in Salt Lake Olympia-Gold. Ich hab es aber versaut. Deshalb bin ich jetzt nicht mehr auf Sieg fixiert sondern habe nur einen Gedanken, nämlich meine beste skifahrerische Leistung zu bringen. Das funktioniert ganz gut."

Wie zelebrieren sie das letzte Mal in Kitzbühel?

Rahlves: "Ich folge meiner Tradition. Montagnacht war ich mit meinem Hund auf der Strecke beim letzten Sprung und habe wie immer alles in Ruhe aufgesaugt. Diese Momente sind sehr cool, dieses Mal war es halt auch ein wenig traurig."

War Wengen ihr perfektestes Rennen bisher?

Rahlves: "Das perfekte Rennen gibt es nicht. Aber in Wengen war ich nahe dran. Es würde schwer sein, besser zu fahren."

Kitz-Abfahrtssieg und Olympia-Gold. Ein Vergleich?

Rahlves: "Kitz ist nicht nur ein Skirennen, sondern ein Event. Die ganze Welt schaut darauf. Als amerikanisches Kind weißt du nichts über den Weltcup, aber du weißt, was Kitzbühel ist. Hier werden Legenden gemacht, hier enden Karrieren innerhalb von Sekunden. Olympia kann man nur alle vier Jahre gewinnen. Der Druck ist deshalb extragroß."

Wie gehen sie in Kitz mit Popularität um. Sind sie ähnlich genervt wie Miller?

Rahlves: "Am Start vermeide ich Augenkontakt mit anderen, das lenkt dich ab. Im Ort gehe ich aber gerne aus. Das Problem ist, du bleibst wegen einem Autogramm stehen und musst dann Dutzende geben. Jeder will ein Stück von dir, das raubt eine Menge Energie. Aber für mich ist es leicht, die Österreicher sind hingegen immer im Mittelpunkt."

Was würden Sie tun um den Alpinsport besser zu promoten?

Rahlves: "Den Leuten vor allem visuell endlich zeigen, worum es wirklich geht. Oder fünf gute Skifahrer um 5.000 Euro um die Wette fahren lassen, damit man den Vergleich zu den Profis sieht. Das verstehen die Leute. Man könnte wie im Motocross beim Holeshot Prämien für den weitesten Sprung aussetzen. Dann könnten die Zuschauer darauf wetten und die Jungs würden zusätzlich Geld verdienen."

Mehr Preisgeld?

Rahlves: "Na sicher. Am besten um eine halbe Million oder eine Million. Ich habe für den Wengen-Sieg 24.000 Franken bekommen. In den USA gibt es Skicross-Rennen um 100.000 Dollar und einen Jeep. Dafür muss ich fünf Abfahrten gewinnen. Die FIS muss endlich gute Promotion-Videos drehen, so wie in der NHL, NBA, NFL. Skifahren hat alle notwendigen dramatischen Elemente, man muss sie nur zeigen." (APA)