Rom - Der italienische Oppositionschef Romano Prodi setzt auf die ehemalige TV-Moderatorin Lilli Gruber als Spitzenkandidatin bei den Parlamentswahlen am 9. April. Die 49-jährige Südtirolerin, die bei den Europawahlen 2004 auf ihre journalistische Karriere verzichtete und einen Posten als EU-Parlamentarierin erringen konnte, wird als Spitzenkandidatin für die Oppositionsbewegung "Ulivo" um einen Posten in der Abgeordnetenkammer kandidieren.

Populäre TV-Moderatorin

Die jahrelang populärste TV-Moderatorin Italiens wird die Wahlliste um Prodi in einem mittelitalienischen Wahlkreis anführen, hieß es am Ende eines Treffen der Spitzenvertreter der Opposition in Rom, bei dem die Namen der Kandidaten bekannt gegeben wurden.

Gerüchten zufolge habe Prodi persönlich die "rote Lilli", wie italienische Medien die Journalistin wegen ihrer Haarfarbe und politischen Sympathien nennen, zur Kandidatur überredet. In den vergangenen Jahren hatte die perfekt zweisprachige Journalistin öfters die Regierung Berlusconi und deren Einfluss auf die öffentlich-rechtliche RAI kritisiert. "Er (Silvio Berlusconi) ist eine Gefahr für die Demokratie", pflegt Gruber zu sagen.

Karrierebeginn in Südtirol

Begonnen hat die Karriere der aus Neumarkt im Südtiroler Unterland stammenden Gruber bei einem Privatsender. 1983 wurde sie von der RAI in Bozen als Redakteurin eingestellt. 1987 rückte sie zur ersten RAI-Journalistin auf, die die Hauptnachrichten moderierte. Bei der RAI machte sich Gruber schnell einen Namen mit ihrer packenden Moderation, später als Sonderkorrespondentin in Deutschland, beim Fall der Mauer, im Golfkrieg, in Moskau, in den USA. Ihr innovativer und "aggressiver" Stil wird inzwischen bereits nachgeahmt.

Im Wahlkampf um die 630 Deputiertensitze in der Abgeordnetenkammer nimmt Prodi mit der Wahlliste "Ulivo" teil, der sich die Linksdemokraten, die Republikaner und die gemäßigte Sammelbewegung Margherita beteiligen. Im Senat nehmen die elf Parteien des Oppositionsbündnisses getrennt am Wahlkampf teil.

Wieder Proporzsystem in Italien

In Italien wird bei den Parlamentswahlen im April wieder mit dem reinen Proporzsystem gewählt, das bis vor 1993 in Kraft war. Das reine Verhältniswahlrecht, das Berlusconi vier Monate vor den Parlamentswahlen am 9. April durchsetzen konnte, hatte Italiens "Erste Republik" jahrzehntelang bis 1993 zutiefst geprägt und für große politische Instabilität gesorgt.

Das neue Wahlsystem sieht eine vierprozentige Wahlhürde bzw. Sperrklausel für einzelne Parteien vor, die ohne Listenverbindungen am Wahlkampf teilnehmen. Die Wahlhürde sinkt auf zwei Prozent bei koalitionswilligen Parteien. Vorgesehen ist außerdem eine zehnprozentige Sperrklausel für Bündnisse. Die Reform sieht auch eine "Prämie" für den Wahlsieger vor. Auf diese Weise soll der politischen Instabilität entgegengewirkt werden, die das reine Verhältniswahlrecht in einer zersplitterten Parteienlandschaft wie der italienischen verursachen könnte - Berlusconi verspricht sich mit der Wahlrechtsreform freilich die Absicherung seiner Mehrheiten. (APA)