Dabei war die Debatte über die zweisprachigen Kärntner Ortstafeln in den letzten Tagen eskaliert. Nach permanent heftigen Verbalinjurien des BZÖ gegen den VfGH legte der orange Staatssekretär Sigisbert Dolinschek am Mittwoch noch einmal nach und bezeichnete die Nichtumsetzung der höchstgerichtlichen Erkenntnisse als "richtig". Tags darauf relativierte Dolinschek, VfGH-Erkenntnisse seien zu akzeptieren, blieb aber dabei: "Ich habe kein Verständnis dafür."
Wenig Verständnis signalisierte Schüssel wiederum für Dolinscheks ursprüngliche Wortwahl. Der Kanzler formulierte seine Kritik aber sanft: "Richtiger- und erfreulicher Weise" habe der Staatssekretär die Sache nun klargestellt. Schüssel folgert daraus, "dass überhaupt kein Zweifel besteht für ein Mitglied dieser Bundesregierung, dass Urteile auch umgesetzt werden, wenn sie nicht angenehm sind".
Gleich neben ihm saß jedoch ein Regierungsmitglied, das sich lieber auf die Formulierung beschränkte, dass Gerichtsurteile zu "akzeptieren" seien. Auch gab Vizekanzler Hubert Gorbach seinem Parteichef Jörg Haider (BZÖ) Rückendeckung: "Ich finde bestätigt, dass der Kärntner Landeshauptmann in dieser sehr sensiblen Frage nicht wie ein Elefant im Porzellanladen vorgeht." Haider werde "den optimalen Zeitpunkt" für eine Lösung in der Ortstafelfrage wählen, befand Gorbach. Ein Seitenhieb auf den VfGH war auch noch drinnen: Die Situation werde nämlich "nicht einfacher durch solche Höchstgerichtsentscheidungen".
Dabei wäre laut Verwaltungsgerichtshofpräsident Clemens Jabloner gerade Gorbach als zuständiger Verkehrsminister für die "Rechtmäßigkeit der Vollziehung" zuständig. Gorbach versteht seine Rolle als Bundesaufsicht offensichtlich anders: Er attestiert Haider ein "best-sensibles" Vorgehen in der Ortstafel-Causa. Und das sieht nach wie vor so aus: Die einsprachigen Ortstafeln im Kärntner Bleiburg sollen abmontiert und einen halben Meter entfernt wieder errichtet werden. Für Kanzler Schüssel ist das allerdings eine "rein formale und nicht dem Spruch des VfGH entsprechende Erfüllung des Erkenntnisses".
Konsens umsetzen
Haider fühlt sich indes von Verfassungsrechtler Günther Winkler, dessen Uni-Assistent er von 1973 bis 1976 war, bestärkt: "Alles, was ich bisher gesagt habe, ist rechtlich völlig korrekt." Winkler hatte in der Presse gemeint, Haider handle juristisch einwandfrei. Zudem sei der VfGH "in dieser Frage nicht zuständig" (siehe nebenstehende Geschichte). In Richtung Korinek sagte der BZÖ-Chef, dieser solle "nachdenken, welchen Schaden man anrichtet, wenn man unsensibel" vorgehe.