Wien - Vor laufender Kamera vorführen lassen wie am Montag wollten sich die Postgewerkschafter von Finanzminister Karl-Heinz Grasser nicht mehr. Also marschierten sie Donnerstag nach Dienstschluss "bewaffnet" mit Fackeln, Lautsprechern und gelben Blech-Briefkästen im Tross mit Post-, Postbus- und Telekom-Bediensteten vom Hinterausgang der Postzentrale in der Wiener Dominikanerbastei über die Ringstraße zum Finanzministerium in die Himmelpfortgasse.

Dort legten sie keinen Kranz nieder, sondern stellten Plakate mit Briefkästen auf und zündeten die mitgebrachten Kerzen an - um Licht in das Dunkel des geplanten Post-Börsengangs zu bringen.

Kein Licht ins Dunkel

Viel Erhellendes erfuhren die von solidarischen Metallern, Eisenbahnern und anderen Gewerkschaftsfraktionen begleiteten Postler ebendort freilich nicht. Denn Grasser empfing zwar eine Delegation, machte aber keinerlei verbindliche Zugeständnisse. Weder, was die gewünschte Mitarbeiterbeteiligung betrifft, mit dem die Postler baldigst zehn Prozent des gelben Monopolisten erwerben wollen (um in alle Zukunft Totalverkauf und Börsen-Delisting blockieren zu können), noch betreffend eine gesetzliche Absicherung des verbleibenden 51-Prozent-Staatsanteils.

In beiden Punkten blieb der oberste Post-Eigentümervertreter unbestimmt, wollte aber auch nichts ausschließen: Er könne sich in einem ersten Schritt eine Mitarbeiterbeteiligung um die fünf Prozent vorstellen, die aufgestockt werden könnte. Eine gesetzliche Absicherung der Staatsmehrheit hält Grasser hingegen für überflüssig, weil die ÖIAG mit dem derzeitigen Regierungsbeschluss ohnehin nur bis zu 49 Prozent verkaufen dürfe. Ein Regierungsbeschluss sei faktisch "das Gleiche" wie ein Gesetz, das einer einfachen Mehrheit im Parlament bedürfe, meint Grasser.

Die Postler hingegen bevorzugen eines à la Elektrizitätswirtschaft, das einen 51-prozentigen Staatsanteil vorschreibt und nur mit Zweidrittelmehrheit zu ändern ist.

90 Prozent erfüllte Forderungen

Insgesamt sieht der Finanzminister bereits 90 Prozent der Forderungen der Post-Belegschaftsvertretung erfüllt: Denn sollte die Post für die Expansion bereits im Jahr 2007 zusätzliche 200 bis 300 Millionen Euro brauchen "wird sich die Republik beteiligen", verspricht Grasser: "Bei jeder zukünftigen Kapitalerhöhung wird mitgezogen."

Ärger über den Vorstand

Verärgert sind die Postler auch über ihren Vorstand, konkret über einen Brief, den Generaldirektor Anton Wais und seine Kollegen jedem einzelnen der rund 27.000 Beschäftigten geschickt hat. Darin verspricht der Vierervorstand nicht nur, dass keine Unternehmensteile verkauft werden, sondern auch, dass die Börse "nichts an Ihrem Lohn, Ihren Beschäftigungsbedingungen und Ihrer Pension" ändere. Das sei eine Augenauswischerei, denn im Fernsehen habe Wais dieses Versprechen mit dem Hinweis, er könne keine Garantien abgeben, zurückgenommen, echauffiert sich ein Empfänger des Briefes.

Originell auch ein weiterer Punkt: "Die Börse bringt Geld. Das Geld bringt Wachstum durch Investitionen . . ." Demnach müsste der Verkaufserlös zumindest teilweise in die Post fließen und für die Ostexpansion verwendet werden. Das ist aber nicht geplant, denn laut Grasser ist die Post mit 300 bis 400 Mio. Euro ausreichend mit liquiden Mitteln ausgestattet und braucht derzeit gar kein zusätzliches Geld für die Expansion. (Michael Bachner, Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.1.2006)