Die Arbeiterkammer fordert, mehr Geld in den Nahverkehr zu stecken "und nicht in die Durchzugsschneisen".

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Innsbruck - Eine Monatskarte des Verkehrsverbundes für 50 Kilometer kostet in Tirol 104,6 Euro, in Niederösterreich 99 Euro, in Oberösterreich 70,8 und in Vorarlberg nur 65 Euro, also ein Drittel weniger als im angrenzenden Bundesland. Der Befund ist ähnlich auch bei Wochen- und Einzelkarten und unabhängig von der Streckenlänge: Bei der Hälfte der Kategorien kostet die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Tirol am meisten. Das zeigt ein Vergleich der Arbeiterkammer.

Der Preisanstieg ist beträchtlich: In zehn Jahren habe sich die Monatskarte um 71 Prozent verteuert, das Durchschnittseinkommen sei nur um 20 Prozent gestiegen. Der Anstieg der Fahrgastzahlen ist hingegen sehr bescheiden: Seit 1996 habe er nur 6,6 Prozent betragen, in Südtirol 11,3 Prozent, sagt die AK. Der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes (VVT), Jörg Angerer, bestätigt: "Die Zahl der Fahrgäste stieg in drei Jahren von 100 auf 102 Millionen."

Die AK sieht vor allem die Landesregierung gefordert, angesichts der miesen Luft, "dem höchstem Anteil an Sanierungsgemeinden wegen wiederkehrender Grenzwertüberschreitungen bei Feinstäuben und Stickoxiden". AK-Präsident Fritz Dinkhauser fordert eine "Generaloffensive, die die Pendler in den Mittelpunkt stellt". Ein Umstieg vom Auto auf die Öffis sei "sonst nicht möglich". Das sei "eine Frage der Prioritäten".

Der für Verkehr zuständige AK-Vorstand Fritz Gurgiser ergänzt: "Statt Geld in Durchzugsschneisen zu stecken", meint er in Anspielung an den Brennertunnel, "muss in den Nahverkehr investiert werden." Auch die Alpenkonvention verpflichte dazu, konkret: "die Einrichtung und den Ausbau kundenfreundlicher und umweltgerechter öffentlicher Verkehrsysteme zu fördern".

"Bitte Geduld"

Der neue Wirtschaftslandesrat Toni Steixner (VP), der auch für den Nahverkehr zuständig ist, bittet "um Geduld". Die Förderung des Nahverkehrs "ist auch mein Wunsch". Angesichts der hohen Schadstoffwerte "müssen wir bemüht sein, ein besseres Angebot zu bieten". Aber Tirol habe "eine Riesennaturkatastrophe hinter sich, die uns 100 Millionen Euro kostet und zwei Jahre lang zum extremen Sparen zwingt". Geld zu leihen, wie für den Bau des Brenner-Probestollens, kann sich Steixner "nicht vorstellen.

VVT-Geschäftsführer Jörg Angerer betont, dass der Fuhrpark "deutlich verbessert wurde", vor allem bei den Bussen. Sieht aber Bedarf bei der Bahn. "Wir haben zum Teil 40 Jahre alte Züge, bei den Lüftung, Heizung und Türen nicht funktionieren." Das sei "nur durch Investitionen wegzubringen". (Benedikt Sauer, DER STANDARD - Printausgabe, 20. Jänner 2006)