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Draußen: Proteste der Gewerkschafter am Drau-Ufer

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Drinnen: Harmonie beim Gruppenbild

foto: Oesterr. Praesidentschaft/HOPI MEDIA/SAndra Holzner
Villach - Im Zeichen von Gewerkschaftsprotesten ist am Freitag der zweite Tag der Beratungen der EU-Arbeits- und Sozialminister in Villach gestanden. Der ÖGB, der eine Betriebsrätekonferenz in der Eisenbahnerstadt abhielt, übergab Arbeitsminister Martin Bartenstein (V) und Sozialministerin Ursula Haubner (B) auf der Draubrücke im Stadtzentrum ein Memorandum "Für ein soziales Europa". Während auf der Brücke Harmonie demonstriert wurde, machten protestierende Gewerkschafter am rechten Flussufer ihrem Unmut über die EU-Politik mit Trillerpfeifen Luft.

Bekenntnis

Haubner und Bartenstein bekannten sich nach der Übergabe des Memorandums durch ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch im Namen des österreichischen EU-Ratsvorsitzes zu einem sozialen Europa. Bartenstein lobte das gute Klima, das schon am Donnerstag zu Beginn der EU-Tagung bei den Gesprächen mit den Sozialpartnern geherrscht habe. Es sei wichtig, die Sozialpartner bei der umstrittenen Dienstleistungsrichtlinie bald einzubinden und im Konsens vorzugehen. Soziales Dumping und Lohndumping sollten verhindert werden.

Nicht nur ein Schlagwort

Die Sozialministerin ortete nach Gesprächen mit ihren Amtskollegen das Bemühen, die gemeinsamen EU-Sozialschutzziele "raschest möglich zu verabschieden". Wichtig sei aber die Umsetzung der Maßnahmen durch die Staaten. Sie wolle "die Weichen richtig stellen, dass das soziale Europa nicht nur ein Schlagwort ist, sondern die Menschen das auch spüren", betonte Haubner.

ÖGB-Memorandum

Im ÖGB-Memorandum heißt es, die EU-Deregulierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen hätten zu Job-Verlusten und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen geführt. Nutznießer seien multinationale Unternehmen gewesen, die trotz steigender Gewinne "in großem Stil Arbeitsplätze abbauen". Der ÖGB bekenne sich zu einem Europa, "das Vollbeschäftigung, soziale Gerechtigkeit, Wohlstand und Solidarität" verankert.

"Liebe und Waschtrog"

ÖGB-Präsident Verzetnitsch lobte im APA-Gespräch, dass bei diesem Ministertreffen anders als sonst "in die Tiefe gegangen" werde. "Liebe und Waschtrog" allein seien aber zu wenig. Konkret forderte er Änderungen bei der umstrittenen Dienstleistungsrichtlinie, damit es nicht zu Lohnreduktionen und Arbeitsplatzabbau komme. Außerdem brauche es eine "koordinierte Wirtschafts- und Steuerpolitik" der EU-Staaten.

Protest am Drau-Ufer

Die Gewerkschafter waren nach ihrer Konferenz in der Villacher Arbeiterkammer zu Mittag an das Drau-Ufer gegenüber dem Tagungsort Congress Center marschiert. "Das ist ja keine Demonstration, das ist ein Spaziergang", kritisierte eine Teilnehmerin. Ein anderer riet, man solle doch "Tomaten schmeißen". Arbeitsminister Bartenstein musste sich wenig Schmeichelhaftes anhören, als er mit Haubner an den Demonstranten vorbei zum Arbeitsmittagessen der Minister im Park Hotel hastete.

Emotionen bei Betriebsrätekonferenz

Schon bei der Betriebsrätekonferenz hatte es zahlreiche emotionale Wortmeldungen gegeben. Selbst der SPÖ-Europaabgeordnete Harald Ettl wurde mit Pfiffen bedacht, als er die umstrittene Dienstleistungsrichtlinie nicht rundweg ablehnte. Der Präsident des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), John Monks, rief aus: "Europe back to the people!" (Europa den Menschen zurück!)

Tumpel solidarisch

Solidarität mit den Gewerkschaftsforderungen äußerte Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel in einer Aussendung. ÖVP-Europaparlamentarier Othmar Karas rief den ÖGB auf, sich an der Konsenssuche bei der Dienstleistungsrichtlinie zu beteiligen. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures forderte ebenso wie das globalisierungskritische Netzwerk "Attac" Maßnahmen gegen den Steuerwettbewerb in Europa. Der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger hinterfragte das breite Themengebiet der EU-Tagung. "Wer über alles redet, spricht über nix", forderte er wie die Armutskonferenz konkrete Maßnahmen zur Armutsbekämpfung. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl kritisierte die üppige Verpflegung für die Minister. Menüs für 37 Euro seien eine "Verhöhnung" von Arbeitslosen. (APA)