München - Ein Richter am Landgericht München I ist als Vorsitzender eines Raubprozesses wegen einer Reihe zärtlicher SMS an die Freundin des Angeklagten abgelehnt worden. Wie das Oberlandesgericht (OLG) München am Freitag weiter mitteilte, drohen dem 63-Jährigen darüber hinaus disziplinarische Folgen.

Der verheiratete Jurist habe in seiner Stellungnahme zum Befangenheitsantrag der Verteidigung die Botschaften an die Albanerin nicht bestritten. Gegenüber Journalisten gestand der Richter ein außerdienstliches Interesse an der jungen Frau, das nicht einseitig gewesen sei. Sie habe sich an ihn herangemacht.

"Er sollte länger eingesperrt werden"

Zum Verhängnis wurde dem Richter eine SMS, in der dieser der Albanerin praktisch anbot, das Urteil über den 34-jährigen Freund und Landsmann ihren Interessen anzupassen. Ihre Wünsche seien auf zweierlei Weise zu interpretieren: "Er sollte länger eingesperrt werden, damit du Ruhe hast ­ oder er sollte raus und nach Hause zu seiner Frau geschickt werden, wodurch du vielleicht auch deine Ruhe hättest. Letzteres würde aber doch in erster Linie bei dir selbst liegen oder wie soll ich den Druck verstehen, den du ... " - hier endete die Textmitteilung abrupt. "Das ist der GAU", kommentierte die Sprecherin des OLG, Margarethe Noetzel, den Vorgang.

Gegen den Angeklagten hatte die Strafkammer des Vorsitzenden Richters seit September 2005 wegen eines Überfalls auf ein Lohnsteuerbüro verhandelt. Der Richter hatte der Verteidigerin nach deren Angaben im vergangenen Dezember eine Strafe von höchstens 22 Monaten angekündigt, dieses Angebot jedoch - für die Anwältin überraschend - vor Weihnachten zurückgezogen. Die im Sitzungssaal anwesende Freundin des Angeklagten informierte die Verteidigerin daraufhin über den Empfang von Liebesbotschaften.

Die Anwältin nahm dies zum Anlass, den Richter nach der Weihnachtspause unter Beifügung von drei SMS wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Dem wurde inzwischen stattgegeben, gegen den Albaner muss neu verhandelt werden. (APA/dpa)