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Jörg Haider auf den Schultern seiner Fans nach seiner Wahl zum FPÖ-Chef am Innsbrucker Parteitag am 13.September 1986

Foto: APA/Bernhard J. Holzner
Dazwischen lag der Wechsel vom unglücklich wirkenden Norbert Steger zum Shootingstar Jörg Haider.

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Vor genau 19 Jahren, am 21. Jänner 1987, wurde die rot-blaue Regierung abgelöst - durch eine große Koalition, der mit dem FPÖ-Chef Jörg Haider ein fundamentaloppositioneller Gegner gegenüberstand, der im Konflikt mit der rot-schwarzen Koalition noch zur zweitstärksten Kraft im Lande wachsen würde.

Vor 20 Jahren aber, zu Jahresbeginn 1986, habe er von dem bevorstehenden Wechsel nichts geahnt, sagt Gerulf Stix, damals Dritter Präsident des Nationalrats. Auch die Unzufriedenheit an der freiheitlichen Basis will er nicht gespürt haben: "Ich war da vielleicht ein bisschen betriebsblind, mich hat das irgendwie gewundert, dass die ÖVP-Propaganda und die Umfragen, die die FPÖ bei drei bis vier Prozent gesehen haben, an der Basis so gewirkt haben."

Wie tief diese Verunsicherung gesessen ist, haben die in einer Koalition mit der SPÖ gebundenen freiheitlichen Spitzenfunktionäre damals immer nur vom Kärntner Landesparteiobmann ausgerichtet bekommen - aber wirklich beunruhigt hat sie das nicht.

Der Konflikt mit Haider schwelte bereits seit Beginn der SP-FP-Zusammenarbeit vor sich hin, aber wirklich aufgebrochen ist er, als Wirtschaftsminister und Vizekanzler Norbert Steger im Frühjahr den langjährigen Parteichef und Klubobmann Friedrich Peter in den Aufsichtsrat der Verbundgesellschaft zu entsenden beschloss. "Privilegien", schallte es aus Kärnten, und: "Postenschacher".

Der Funken sprang rasch auf Oberösterreich, die zweite gewichtige Landesgruppe, über: Ihr starker Mann, Norbert Gugerbauer, wurde von Steger übergangen, als die Klubführung am 22. April neu besetzt wurde - was Gugerbauer direkt Haider in die Arme trieb.

Klubchef wurde der bisherige Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager, doch dessen Salzburger Landesgruppe dankte das Steger schlecht: Sie forderte den Vizekanzler, der gleichzeitig auch Nationalratsabgeordneter geblieben war, zum Mandatsverzicht auf.

Steger war schließlich weichgeklopft. Auf dem für September nach Innsbruck einberufenen Parteitag wollte er nur noch ein geordnetes Haus übergeben - an Verteidigungsminister Helmuth Krünes: "Dass ich nicht mehr gewählt werde, habe ich zwei Wochen vor dem Parteitag gewusst", erinnert sich Steger im STANDARD-Gespräch.

Sein Ziel war, Haider zu verhindern. "Aber Krünes vorzuschlagen war ein taktischer Zug von zweifelhaftem Wert", erinnert sich der Tiroler Stix an jenen 13. September: "Der Parteitag hat in äußerst gespannter Stimmung begonnen." Erst hielt Steger, "eine kraftlose, resignative Rede", schrieb damals Die Presse.

Steger: "Ich habe ja eine Schlussrede gehalten. Ich habe nicht eine mitreißende Rede pro Steger gehalten, sondern erklärt, warum ich aufhöre. Die Leute haben in Krünes eine Lösung gesehen, sie wollen ja nicht die Partei spalten, das glaubt nur Haider, dass permanente Spaltungen gut sind. Die Partei war zufrieden. Auch dass ich selber friedlich aufhöre. Natürlich wäre ich noch Vizekanzler gewesen, aber nicht mehr lang."

Steger geht leise ab

Krünes aber ließ sich von Haider breitschlagen - und Gugerbauer verkündete dem Parteitag Krünes' Rückzug, woraufhin Steger die Sitzung unterbrach, das Parteipräsidium einberief und feststellte, dass Krünes umgefallen war: "Da bin hinuntergegangen, habe den Vorsitz übergeben und bin gegangen." Haider wurde von 57,7 Prozent der Delegierten gewählt - "das war ein Riss, eine tiefe Enttäuschung bei vielen", erinnert sich Stix. Steger selbst bekam gerade noch mit, dass sein Generalsekretär Walter Grabher-Mayer einen Herzanfall erlitten hatte. Er kümmerte sich mit seiner Frau um den Erkrankten.

Drinnen im Kongresszentrum wurde derweil Haider gefeiert, der mit Gugerbauer als Generalsekretär ein Team bildete, das in einen erfolgreichen, oppositionell ausgerichteten Wahlkampf zog, während Steger mit seinem Team weiter in der Regierung blieb.

Der Erfolg: Die FPÖ konnte ihre Stimmen nahezu verdoppeln und die ÖVP um den für sicher gehaltenen ersten Platz bringen - Haider wollte sofort mit der ÖVP koalieren, aber diese ging lieber als Juniorpartner in eine Koalition mit der SPÖ. Erst 14 Jahre später, als Haider seinen Stimmenanteil noch einmal verdreifacht hatte, kam es zu einer schwarz-blauen Koalition. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2006)