Foto: MAGK Architektur

Schräge Ideen drinnen wie draußen. (Fotos: MAGK Architektur)

Foto: MAGK Architektur
Auf einem sehr steilen Westhang fanden die MAGK-Architekten zwei Grundstücke, aber keinen Bauherrn. Sie übernahmen seine Rolle und realisierten ein markantes Passivhausdoppel in leicht unterschiedlicher Kubatur. Ohne einander zu beschatten, graben sie sich geschickt auf drei Ebenen ins Gelände. Am zweigeschosshohen, luftraumumspülten, oberlichtgekrönten Schrägglas im Westen scheint der offene Wohnraum in den Fernblick zu kippen, dem Schlafzimmer darüber wurde ein Balkon ins Dach geschnitten.

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Computer und Internet öffnen Architekten neue Betätigungsfelder, längst schwindet ihre Oberhoheit von der Planung zur Realisierung. Termin- und Kostendruck steigen, Großprojekte wickeln meist Generalunternehmer ab, Privatbauherren und die Chance auf Siege bei öffentlichen Wettbewerben sind selten, der Beruf ständig im Wandel.

Nah am Bahnhof Hütteldorf, in Gehweite von der Baumgartner Höhe, entdeckten die MAGK-Architekten zwei 15 Meter breite Parzellen mit Traumblick über den Wienerwald. Damit war ein Bauplatz in städtischer Grünlage, aber kein Bauherr gefunden. Von bisher geplanten Einfamilienhäusern kannten sie die naturnahen, hell- und weiträumigen Basis-Bedürfnisse zum Wohnglück und genug Menschen, die mit einem energiesparenden Öko-Haus im Grünen liebäugelten. Also wagten sie den Doppelgrundkauf und realisierten als Architekten, Bauherr und Bauträger ein Passivhaus-Geschwisterpaar.

In der Zyklamengasse gilt Bauklasse I: Geschickt in 7,50 Meter Firsthöhe schrägabgewickelt, graben sich auf den vorgeschriebenen 100 Quadratmetern Grund die Doppelhäuser in den 12 Meter steil abfallenden Westhang. Ähnlich, aber nicht gleich, reagieren sie mit unterschiedlicher Kubatur und luftraumumspültem, oberlichtgeflutetem Schrägpanoramaglas zum Westfernblick auf das Gelände. Sie docken in allen drei Ebenen an Garten und Frischluft an, ohne sich beschattend in der Sonne zu stehen. Geradlinig gleichförmig fällt der nördliche Grund ab, trapezförmig schert der darüber liegende nach Südwesten aus. Auf seiner unteren Breitseite stehen zwei schöne, große Birken, vor denen nun das zweigeschosshohe Westglas des kompakteren Südhauses hochragt. Leicht schräg geneigt scheint es in die Baumkronen zu kippen, um sich mit himmelsweitendem Oberlichtband an der Brüstung des Schlafzimmerbalkons einzuhaken, der wind- und blicksicher ins Dach eingeschnitten ist.

8 Meter breit, 13 Meter lang, schwenkt das Haus mit dem Hang südwestwärts, wodurch Sonnenstrahlen an ihm vorbei über einen Grünzwickel auf den 7 Meter schlanken, 15 Meter langen wesensverwandten Nachbarn gleiten. Beider Schmalseiten münden Kopf an Kopf am Carport hoch überm dichten Einfamilienhausmeer an der Straße im Osten. Bergend ist das gläserne Entree in die Fassade eingeschoben, magnetisch zieht die offene Akazienvollholztreppe in den am hohen Schrägglas scheinbar ins Freie entgleitenden Wohnraum hinab, unbemerkt wendet sich die stille Ebene der Südsonne zu, vom schiefergedeckten Bad blickt man aus der Wanne in die Natur, am Westbalkon vorm Schlafraum hat man sie hautnah. Expressiv von zwei aus der Wand ragenden Stahlstützen gehalten, hängt das Obergeschoss als scheinwerferbestückte Galerie in den offenen Wohnkochessraum. Dezent drücken sich Küchenkästen an die Ostwand, vor dem Herdblock und dem großen Essplatz pirscht sich die Südterrasse an den Hang.

Die dunkle Kellerrückseite im warmen Erdreich birgt Sauna und Fitness, Garten- und Grillgeräte haben unter der Terrasse gedeckten Freiraum, die zwei (Kinder-)Zimmer Westfernblick, ins Nordhaus schillert das Wasser vom Pool. Für die tragende Holzrahmenkonstruktion der 20 Zentimeter dick schafwollegedämmten Außenwandscheiben wurde das „Kölner System“ optimiert, im isolierverglasten Inneren mehren Lehmputz, die schönen, dunklen Akazienböden und der zu 40 Prozent eingegrabene Keller die Speichermasse der Passivhäuser mit kontrollierter Wohnraumbe- und -entlüftung. Sie nutzen die Abwärme von Küchendämpfen, Personen und Geräten mit, werden mittels bedienerfreundlichem BUS-System gesteuert und Wärmepumpe-fußbodenbeheizt. Die Rohre zur künftigen Eigenstromversorgung per Solaroder Photovoltaikanlage sind schon verlegt. (Isabella Marboe, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21./22.1.2006)