Kiew - Russland und die Ukraine haben am Samstag Gespräche über eine engere Zusammenarbeit bei der Erzeugung von Atomenergie aufgenommen. Der Chef der russischen Atomenergiebehörde, Sergej Kirijenko, führte die Delegation an, die in Kiew mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Juri Jechanurow und weiteren ranghohen Regierungsvertretern zusammentraf.

Die Ukraine betreibt vier Atomkraftwerke, die Anreicherung des nötigen Brennstoffs übernimmt Russland. Präsident Viktor Juschtschenko hat vor rund einer Woche den Aufbau eines vollständigen Atomkreislaufes und die Produktion des Brennstoffs in der Ukraine ins Gespräch gebracht. Die Ukraine müsse ihre Politik ändern und selbst Atombrennstoff produzieren, hatte er erklärt. Dazu müsse die Ukraine mit internationalen Verbündeten auf einem ernsthaften politischen und wirtschaftlichen Niveau kooperieren, um einen vollständigen Kreislauf für den Atombrennstoff aufbauen zu können.

Hintergrund des Vorstoßes ist der Streit um Gaslieferungen aus Russland, der zum Jahreswechsel die Abhängigkeit der Ukraine auf dem Energiesektor spürbar unterstrich. Moskau hatte der Ukraine am Neujahrstag den Gashahn zugedreht, weil sie sich weigerte, künftig den fünffachen Preis zu zahlen. Das im Anschluss erzielte Abkommen sieht de facto fast eine Verdoppelung des bis zum 1. Jänner geltenden Preises für russisches Gas vor.

Die Ukraine war 1986 Schauplatz der größten zivilen Atomkatastrophe, als in Tschernobly ein Reaktor durchbrannte. Weite Teile Europas wurden dabei verstrahlt. Ein vollständiger Kreislauf für Atombrennstoff würde bedeuten, dass die Ukraine das Material auch selbst aufarbeitet. Dieser Prozess ist äußerst umstritten, wie auch der aktuelle Streit mit dem Iran zeigt, weil nicht nur ziviler Brennstoff gewonnen werden könnte, sondern auch Material für Atombomben. (APA/AP)