Wien - Zeitgerecht einen Tag vor Abhaltung der "Versöhnungskonferenz" am Dienstag, die sich mit der Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern befasst, schlug der US-Anwalt Ed Fagan am Montag in einer Pressekonferenz in Wien erneut auf die verbale Pauke: Der von der Regierungsbeauftragten für Zwangsarbeiter-Fragen, Maria Schaumayer, vorgelegte Entwurf für ein Zwangsarbeiterentschädigungsgesetz sei "rassistisch und diskriminierend". Sowohl Schaumayer als auch ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat wiesen diese Kritik erwartungsgemäß zurück. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) verwies auf frühere Leistungen. "...and that sucks" Fagan argumentierte in der gemeinsam mit seinem US-Kollegen Carey d'Avino (der deutsche Anwalt Michael Witti war verhindert) folgendermaßen: Während Zwangsarbeiter sowohl in Deutschland als auch in Österreich Ansprüche stellen dürften - jedenfalls werde in dem Entwurf nicht dezidiert definiert, dass sie das nicht dürften - dürften sich Juden nur an ein Land wenden, "and that sucks" (bedeutet so viel wie "das ist absolut verwerflich", Anm.). Die konkrete Passage befinde sich in Paragraph 2 Absatz 2 des Entwurfes. Fagans Interpretation: Juden seien in Österreich nicht mehr anspruchsberechtigt, wenn sie von Deutschland bereits entschädigt worden seien. Das hätte zur Folge, dass der einzelne Anspruchsberechtigte vom deutschen Kuchen weniger abbekäme und sich Österreich die Entschädigung einer großen Gruppe überhaupt spare. Niemand, der für die Juden spricht Fagan und d'Avino stoßen sich aber auch an der Zusammensetzung des Kuratoriums, das über die Auszahlung der Gelder seitens der Opferorganisationen in den einzelnen Ländern wachen soll. Darin seien acht österreichische Vertreter der Regierung bzw. der Wirtschaft vorgesehen sowie sechs Vertreter osteuropäischer Länder, aber niemand, der für die Juden spreche. Bei einem Verhältnis von acht zu sechs sei in einer Demokratie zudem im vorhinein der Sieger klar. Bei einer Verhandlungsrunde morgen, Dienstag, auf Beamtenebene wollen die beiden Juristen gemeinsam mit Witti auf die von ihnen kritisierten Passagen aufmerksam machen. Zur "Versöhnungskonferenz" sind die Advokaten ebensowenig zugelassen wie der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, Ariel Muzicant. Fagan kritisierte vor allem die Nicht-Einladung Muzicants. Schaumayer erklärte, "was daran diskriminierend oder rassistisch sein soll, fällt mir schwer zu verstehen". Sie sei erstaunt, "wie wenig Ahnung Fagan von der Materie hat". Die Verantwortung für Konzentrationslager liege seit Jahrzehnten bei der Bundesrepublik Deutschland. Es sei daher nur logisch, dass Österreich darauf verweise. Darüber hinaus leiste Österreich freiwillig - wie für alle anderen auch - eine analoge Entschädigung für eine Gruppe internierter jüdischer Geschädigter aus Ungarn, die in Deutschland keinen Anspruch hätten. "Die Amerikaner haben die menschliche Verpflichtung nicht vergessen" Schüssel verwies in seiner "Rede zur Lage der Nation", die Regierung sei zu einer "Geste der Versöhnung mit den Opfern, die sie längst verdient haben", bereit. Er betonte, dass auch gesagt werden müsse, was Österreich in der Vergangenheit schon getan habe. Rauch-Kallat merkte in Reaktion auf die Vorwürfe Fagans an, die Regierung habe überhaupt kein Problem, sich einer wissenschaftlichen Definition der Wörter "rassistisch" und "diskriminierend" zu stellen. Der Entwurf Schaumayers sei aber mit Sicherheit nicht davon betroffen. Aus Österreich stammende Juden in Israel begrüßten indessen die US-Bestrebungen, in der Frage der Zwangsarbeiter-Entschädigung zu einer Lösung beizutragen. Gideon Eckhaus, Vorsitzender des Zentralkomitees der Juden aus Österreich in Israel, sagte: "Die amerikanische Einmischung ist ein Beweis dafür, dass die Amerikaner diese menschliche Verpflichtung nicht vergessen und nicht aufgegeben haben". (APA)