Helga Kromp-Kolb, Professorin für Meteorologie am Department Wasser, Atmosphäre und Umwelt der Universität für Bodenkultur Wien.

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Wien - Die Verleihung des Titels "Wissenschafterin des Jahres 2005" an die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb im Wiener Presseclub Concordia fand Dienstag in einem ziemlich frostigen Rahmen statt: Bei minus 14 Grad Celsius Außentemperatur waren sämtliche Wasserleitungen in dem alten Gemäuer eingefroren, einige geplatzt. "Mich freut dieses Wetter sehr", gestand die vom Österreichischen Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten ausgezeichnete Professorin an der Wiener Uni für Bodenkultur. Wie das? Warnt doch Kromp-Kolb und mit ihr fast alle Klimaforscher seit Jahren vor einer globalen Erwärmung. Diese Eiseskälte passt nicht so ganz zum Temperaturanstieg.

"Aber natürlich", widersprach die 57-Jährige. "Wir haben ja nie gesagt, dass in Österreich dereinst Datteln und Feigen angebaut werden können." Schließlich könne sich ein global steigender Mittelwert auch aus lokalen Abkühlungen zusammensetzen. Der derzeit stattfindende Klimawandel zeichne sich vor allem durch eine "Zunahme von Extremwetterereignissen" aus - in beide Richtungen.

Tiefsttemperaturen in Europa, Wärmerekord in der Arktis

Tatsächlich: Während Europa von sehr tiefen Temperaturen geplagt wird, erlebt die Arktis einen Wärmerekord: Die Forschungsstation Koldewey im Westen Spitzbergens registrierte die höchsten je im Jänner gemessenen Temperaturen - fast zehn Grad Celsius wärmer als im arktischen Durchschnitt. Ein Beweis für fortschreitende Klimaerwärmung? "Nein", gab Kromp-Kolb zu. "Die Klimaerwärmung der Vergangenheit ist eine Tatsache, die lässt sich jederzeit nachmessen."

Schwieriger seien die Vorhersagen. Bis heute gebe keine Möglichkeit, den oder die Verursacher dieses Temperaturanstiegs wissenschaftlich nachzuweisen. Da man keine Antwort auf das Warum habe, seien alle Klimamodelle für die Zukunft nur Hypothesen. Und diese seien in den vergangenen Jahren immer wieder nachgebessert worden.

So rechnet Helga Kromp-Kolb etwa nicht mit einem Abreißen des Europas Klima maßgeblich bestimmenden Golfstroms durch steigende Temperaturen. In früheren Publikationen wurde dieses Ereignis, das dem bis dahin aufgeheizten Europa eine neue Eiszeit bescheren könnte, auf das Jahr 2100 datiert.

"Die Natur schlägt ganz sicher zurück"

Fest steht für Kromp-Kolb hingegen: "Die Natur schlägt ganz sicher zurück und der Mensch und seine Umwelt wird Klimaänderungen nicht leicht verkraften." Wann und wie, sei noch ungewiss.

Um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, seien daher alle erdenklichen Maßnahmen zum Klimaschutz als Prophylaxe willkommen. Etwa die Ratifizierung des Kioto-Protokolls und auch der Handel mit CO2-Emissionen - allein, dieser habe bisher nur zu einer Bewusstseinsbildung innerhalb der Wirtschaft beigetragen. "Erst wenn die Zertifikate einen ökonomisch interessanten Wert erreichen, kann der Ausstoß reduziert werden."

Auf diesen Umstand wies Kromp-Kolb bereits in ihrem Schwarzbuch Klimawandel (Ecowin, 2005) hin. Und nicht nur dort: Das jahrelange Engagement der Forscherin, Erkenntnisse der Klimaforschung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und sich dafür populärwissenschaftlicher Methoden zu bedienen, hat ihr nun die Auszeichnung als "Wissenschafterin des Jahres" eingebracht. Damit verbunden: Ein Stern im Bild Cassiopeia trägt seit Dienstag ihren Namen. (DER STANDARD, Print, 25.1.2006)