Wien/London - Forscher des CeMM - des Forschungszentrums für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften - haben gemeinsam mit deutschen Co-Autoren bie molekulare Organisation einer der in der Biologie wichtigsten Modellorganismen entschlüsselt: der Bäckerhefe. Das Ergebnis ist in der aktuellen Online-Ausgabe des britischen Wissenschaftsmagazin "Nature" erschienen und folgt der Veröffentlichung des ersten Teils der Studie im Jahr 2002.

Die erste Arbeit gilt als meistzitierte Studie auf dem Gebiet der Proteomik und als ein entscheidender wissenschaftlicher Durchbruch seit der Genomentschlüsselung. Die Sequenzierung der Erbsubstanz der Hefe wurde von europäischen Wissenschaftern im Frühjahr 1996 bekannt gegeben.

"Um ihre Aufgaben zu erfüllen, arbeiten die meisten Proteine in dynamischen Verbänden, die Dutzende Moleküle enthalten können", sagte Giulio Superti-Furga, Molekularbiologe und Leiter des CeMM. Darüber wie die Zelle als Ganzes funktioniert, war bisher wenig bekannt. Der Wissenschafter in einer Aussendung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften: "Wenn man sich die Zelle als eine Fabrik vorstellt, kannte man (bisher nur, Anm.) einige der Bauteile eines Bruchteils der 'Maschinen'."

500 unterschiedliche molekulare "Maschinen"

Die Wissenschafter des CeMM, der Cellzome AG und des European Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg haben nun den gesamten Proteinhaushalt der Bäckerhefe (S. cerevisiae) analysiert. Sie entdeckten 500 unterschiedliche molekulare "Maschinen", darunter 257 bisher unbekannte. Mit Hilfe neuer Computermethoden konnten die Wissenschafter klären, wie Einheiten in der Zelle zusammenarbeiten. Dabei sind die Komponenten (einzelne Proteine und sogar Gruppen) der Verbände in mehreren Proteinkomplexen aktiv, was durch Kombination eine Vervielfältigung der möglichen Funktionen erlaubt.

Für das Verständnis der menschlichen Zelle ist die Entschlüsselung der molekularen Organisation der Bäckerhefe von großer Bedeutung. Superti-Furga: "Viele der Proteinkomplexe in unseren eigenen Zellen haben praktisch dieselben Komponenten und Funktionen wie jene in der Bäckerhefe."

Das CeMM (Research Center for Molecular Medicine) ist ein Forschungsinstitut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit Schwerpunkt immunologischen Krankheiten, Erforschung von Entzündungsprozessen sowie Blutkrebs. Seit Jänner 2005 ist Giulio Superti-Furga Geschäftsführer und wissenschaftlicher Direktor. CeMM Projektgruppen sind an der Medizinischen Universität und am AKH untergebracht. Mit der Errichtung eines Institutsgebäudes auf dem AKH Gelände wird demnächst begonnen. Der Spatenstich dazu erfolgte allerdings bereits am 19. September 2002. (APA)