Bundeskartellamts-Präsident Ulf Böge hat das Verbot der Übernahme von ProSiebenSat.1 durch den Springer-Konzern gegen Kritik aus Politik und Wirtschaft verteidigt. Die Fusion hätte zu gravierenden Wettbewerbsverschlechterungen in der deutschen Fernseh- und Zeitungslandschaft geführt, sagte Böge am Dienstag in Bonn. Besonders betroffen wären nach Einschätzung des Wettbewerbshüters der Fernsehwerbemarkt, der Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen und der bundesweite Anzeigenmarkt für Zeitungen gewesen.

Auf dem Fernsehwerbemarkt herrsche schon heute ein "wettbewerbsloses Duopol" von ProSiebenSat.1 und der RTL-Gruppe ohne wesentlichen Wettbewerb durch Außenseiter, sagte Böge. Die geplante Fusion hätte diese Situation wegen der Verflechtungen der beiden Konzerne noch zementiert. Außerdem hätte der Springer-Verlag nach Überzeugung des Kartellamtes die marktbeherrschende Position der "Bild"-Zeitung bei den Boulevardzeitungen (Marktanteil: rund 80 Prozent) weiter verstärken können, indem er in seinen Fernsehsendern die Werbetrommel für das Blatt rührte.

ProSieben-Verkauf würde Weg frei machen

Schließlich hätte Springer durch die Fusion die Möglichkeit erhalten, abgestimmte Werbekampagnen für den Print- und Fernsehbereich aus einer Hand anzubieten und so seine ohnehin überragende Stellung auf dem Anzeigenmarkt für Zeitungen weiter abzusichern. Die Zugeständnisse des Springer-Konzerns - etwa ein Verkauf seiner Beteiligungen an Gemeinschaftsunternehmen mit Bertelsmann und eine Veräußerung seiner Programmzeitschriften - hätten nicht ausgereicht, diese Bedenken zu zerstreuen, sagte Böge.

Einzig der zwischenzeitlich von Springer angebotene Verkauf von Pro Sieben hätte nach den Worten des Wettbewerbshüters den Weg für eine Genehmigung des Zusammenschlusses frei machen können. Doch scheiterte dies letztlich an der Forderung des Kartellamts nach einer Abspaltung des Senders noch vor einer Übernahme der ProSiebenSat.1-Gruppe durch Springer.

Enorme wettbewerbliche Risiken

Böge betonte, die Wettbewerbsbehörde habe auf einem sofortigen Verkauf bestehen müssen, da jede andere Lösung "zu enormen wettbewerblichen Risiken geführt hätte". So hätte bei einer Treuhandlösung die Gefahr bestanden, dass in der Übergangsphase wichtige Filmrechte und Redaktionen von Pro Sieben zu anderen Sendern der Gruppe verlagert worden wären. Wäre der Verkauf von Pro Sieben letztlich gescheitert, hätte außerdem ein aufwendiges Entflechtungsverfahren durchgeführt werden müssen.

Bedenken, wegen der harten Haltung des Kartellamts drohe nun die Hälfte des deutschen Privatfernsehens in ausländische Hände zu fallen, wischte der Kartellamtspräsident vom Tisch. "Ich glaube man sollte dabei berücksichtigen, dass ProSiebenSat.1 schon heute einem Ausländer gehört", meinte Böge. Er halte eine solche Diskussionen über die Rollen von Ausländern auf dem deutschen Medienmarkt aber auch deshalb für problematisch, weil gerade die deutschen Medienunternehmen in ausländischen Märkten sehr engagiert seien.

Die Schuld für das letztendliche Scheitern bei der Suche nach einer gütlichen Einigung gab Böge dem Springer-Konzern. "Die Hürde des Verkaufs von ProSieben vor einem Vollzug der Übernahme war zu überwinden", meinte Böge. (APA/AP)