Wien – "Gerade Sie als Bergsteiger müssten wissen, wann es Zeit ist, umzukehren", appellierte VP-Gemeinderat Wolfgang Gerstl an SP-Verkehrsstadtrat Rudi Schicker: "Treten Sie zurück. Ich garantiere Ihnen den Respekt der Wiener ÖVP."

Die angeheizte Debatte um die Misstrauensanträge gegen Schicker und Umweltstadträtin Ulli Sima wegen des generellen Tempo 50-Limits wurde am Dienstag im Gemeinderat dann auf vielerlei Rücken ausgetragen. "Der Schaden ist auf den Rücken der Wiener abgeladen", bemerkte FP-Klubchef Heinz-Christian Strache. Während SP-Gemeinderat Jürgen Wutzlhofer das als "billige Schmäh auf dem Rücken von 2400 Toten abtat" – denn so viele Menschen würden jährlich in Österreich an Feinstaub sterben.

"Jetzt gackern die Hühner"

Diskutiert wurde dann allerdings vor allem auf dem Rücken von Sprachbildern: "Geben Sie den Weg frei", so Gerstl. Die Maßnahme sei im September präsentiert worden, so Wutzlhofer – "jetzt, Monate später, gackern die Hühner." "Politische Zechprellerei" ortete Strache, der dann auch noch Schnecken auf 50 km/h beschleunigte: "Machen Sie die Autofahrer nicht zur Schnecke." Ulli Sima sei für ihn "die Haupttäterin", Schicker "der Mittäter", verantwortlich sei auch der Bürgermeister, "der ist ja eine Art kleiner Sonnenkönig".

Der Grüne Christoph Chorherr wiederum sah da noch ganz andere Bilder: "Was lässt das auf die Männer schließen, die sich bei 0,0-irgendwas der Straßen wegen 50 statt 70 aufregen? Normal werden bei der Automesse Autos, die 240 fahren, mit leichtbekleideten Frauen dekoriert. Was müssen das für Männer sein?" Wegen Tempo 50 Misstrauensanträge einzubringen – "dagegen ist ein Kasperltheater eine akademische Veranstaltung".

"Seifenkistenrennen"

Roman Stiftner (ÖVP) hingegen: "Wenn das die Maßnahmen einer neuen rot-grünen Bundesregierung sein sollten, lassen wir uns jetzt schon einmal die Gasmasken anliefern." Für ihn sei das alles ein "Tempo-50-Fettnäpfchen-Seifenkistenrennen".

Die VP/FP-Misstrauensanträge gegen Schicker und Sima wurden übrigens nicht angenommen. Beschlossen wurde hingegen etwas anderes im Gemeinderat: Insgesamt 530.000 für Sprachkurse. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe, 25.01.2006)